Die ordentliche Kündigung eines unbefristeten Mietvertrags ist für Vermieter nun schwer möglich, solange der Mieter seinen Pflichten nachkommt. Anders sieht das aus, wenn der Vermieter Eigenbedarf geltend macht. Liegt ein Härtefall vor, z.B. weil sich der Gesundheitszustand des Mieters durch einen Umzug verschlechtern würde, kann er unter Umständen dennoch in der Wohnung bleiben. Der BGH hat am 22. Mai 2019 entschieden, dass im Einzelfall eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung notwendig ist (Az.: VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17).
„Das Recht auf Eigentum und das Recht auf Gesundheit stehen sich in solchen Fällen scheinbar unversöhnlich gegenüber. Deshalb kann es keine pauschale Richtschnur für Härtefälle geben. Vielmehr muss der Sachverhalt im Einzelfall umfassend aufgeklärt und die Interessen der Parteien sorgfältig miteinander abgewogen werden, wie der Bundesgerichtshof mit aktuellen Urteilen herausstellte“, sagt Rechtsanwalt Sebastian Rosenbusch-Bansi, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Kanzlei Cäsar-Preller in Wiesbaden.
Der BGH hatte in zwei Fällen zu entscheiden, ob und wann die Härtefallklausel den Mieter vor einer Kündigung wegen Eigenbedarfs schützt. Eine eindeutige Antwort gaben die Karlsruher Richter nicht. Vielmehr mahnten sie eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung im Einzelfall an und verwiesen die Fälle an die Instanzgerichte zur weiteren Aufklärung zurück.
Im ersten Fall (Az.: VIII ZR 180/18) hatte der Vermieter eine Wohnung in Berlin 2015 zwecks Eigenbedarfs erworben und der Mieterin, die seit 1974 in der Wohnung lebt, gekündigt. Das Berufungsgericht hielt die Eigenbedarfskündigung zwar für wirksam, wies die Räumungsklage aber ab. Aufgrund ihres Alters und ihrer Demenzerkrankung dürfe die 82-jährige Mieterin die Wohnung auf unbestimmte Zeit weiter nutzen.
Im zweiten Fall (Az.: VIII ZR 167/17) wehrten sich die Mieter gegen die Kündigung wegen Eigenbedarfs, weil einer der Mieter schwer erkrankt und in die Pflegestufe II eingruppiert worden sei. Er leide unter verschiedenen Erkrankungen und Einschränkungen seiner Alltagskompetenz. Dazu legten sie ein ärztliches Attest eines Psychiaters vor, das besagt, dass ein Umzug unweigerlich zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen würde. Das Gericht gab der Räumungsklage ohne Beweisaufnahme für den strittigen Eigenbedarf dennoch statt und holte auch kein Sachverständigengutachten zu der drohenden Verschlechterung des Gesundheitszustands des Mieters ab. Unzumutbare Härte verneinte es mit der Begründung, dass sich aus dem vorgelegten Attest eine drohende schwerwiegende Beeinträchtigung oder Lebensgefahr nicht ergebe.
In beiden Fällen seien die Gerichte nicht gründlich genug vorgegangen, so der BGH. Die Interessen des Mieters an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses und die Interessen des Vermieters an dessen Beendigung müssten sorgfältig abgewogen werden. Allgemeine Fallgruppen wie z.B. ein bestimmtes Alter des Mieters oder die Mietdauer, in denen generell die Interessen einer Partei überwiegen, gebe es nicht, stellten die Karlsruher Richter klar.
Macht der Mieter eine Härte wegen drohender schwerwiegender Gesundheitsverfahren substantiiert geltend, müsse das Gericht regelmäßig ein Sachverständigengutachten zu den drohenden Gesundheitsbeeinträchtigungen aufgrund des erzwungenen Umzugs einholen, um eine angemessene Abwägung bei der Härtefallprüfung vornehmen zu können, so der BGH.
„Das Spannungsfeld zwischen Eigenbedarfskündigung und Härtefall bleibt auch nach den Urteilen des BGH bestehen und muss nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall entschieden werden. Vermieter müssen ihre Gründe für den Eigenbedarf ebenso gründlich nachweisen wie die Mieter, dass ihnen ein Wohnungswechsel nicht zugemutet werden kann“, so Rechtsanwalt Rosenbusch-Bansi.
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