Ob Unternehmen oder privater Haushalt – Corona hat die Finanzplanungen ordentlich durcheinandergewirbelt. Sinkende Umsätze, Kurzarbeit und andere Umstände können für finanzielle Schwierigkeiten sorgen. Ein laufendes Darlehen, das bedient werden muss, macht die Situation nicht einfacher. „Mit einem Entgegenkommen der Banken kann nicht unbedingt gerechnet werden. Leider ist manchmal das Gegenteil der Fall. So hat eine Bank meiner Mandantin das Darlehen fristlos gekündigt und fällig gestellt, obwohl sie die Kreditraten ordnungsgemäß gezahlt hat“, sagt Rechtsanwalt Benjamin Hasan, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Frankfurt.
Die fristlose Kündigung des Darlehensvertrags begründete die Bank damit, dass die Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmerin wegen fehlenden Nachweises nicht mehr gewährleistet sei. Unter der Kapitaldienstfähigkeit wird die Fähigkeit des Kreditnehmers verstanden, das Darlehen nachhaltig jetzt und zukünftig bedienen zu können und alle notwendigen Zins- und Tilgungsleistungen leisten zu können. Diese Leistungsfähigkeit sah die Bank in dem konkreten Fall nicht mehr als gegeben an. Aus den eingereichten Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Kreditnehmerin über ein ausreichendes Einkommen verfügt, um das Darlehen ordnungsgemäß zu bedienen. Daher kündigte die Bank das Immobiliendarlehen fristlos und stellte den offenen Darlehensbetrag – rund 230.000 Euro – fällig. In einer Frist von vier Wochen sollte die Kreditnehmerin den Betrag zurückzahlen.
Wird der Betrag nicht fristgerecht zurückgezahlt, sind ein Schufa-Eintrag und Zwangsvollstreckung die weiteren Folgen. „Mit einem Schufa-Eintrag wird eine Umschuldung kaum noch möglich sei, so dass eine Zwangsversteigerung der Immobilie droht. Die Darlehensnehmer sollten daher prüfen lassen, ob die Kündigung des Darlehensvertrags durch die Bank überhaupt rechtmäßig ist. In vielen Fällen hält sie einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand“, so Rechtsanwalt Hasan.
Banken sind im Rahmen der Kreditvergabe zwar zur Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit verpflichtet. Nach § 18 KWG darf ein Kredit erst nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt werden. Aus Schutz vor Geldwäsche muss die Bank auch prüfen, aus welchen Quellen der Darlehensnehmer sein Einkommen bezieht. „Dennoch erscheinen die detaillierten Prüfungen der Bank oft willkürlich. Darlehensnehmer haben daher gute Aussichten, sich gegen eine fristlose Kündigung wegen mangelnder Kapitaldienstfähigkeit zu wehren“, erklärt Rechtsanwalt Hasan.