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Die Zukunft des Anlegerschutzes

08. August 2015

Wer in Zukunft sein Recht auf die Wiederherstellung seines verlorenen Anlagekapitals durchsetzen möchte, muss sich mit anderen Betroffenen verbünden.

Der Fall der Future Business Kg aA mit den Insolvenzen der Töchter aus der so genannten Infinus-Gruppe gilt als größter Anlegerskandal der jüngeren Vergangenheit. Infinus hat als Massenschadensfall Geschichte geschrieben, aber das Buch des Kapitalanlage-Skandale wird in naher Zukunft noch weitere, noch spektakulärere Kapitel bekommen.

Das Problem der großen Anbieter von Kapitalmarktprodukten ist, dass mit sehr hohen Weichkosten und Abhängigkeiten von der aktuellen Wirtschaftslage immer einen Spagat zwischen Rentabilität und Insolvenz zu leisten ist. Zudem werden Anlageprodukte meist von sehr kreativen Köpfen erdacht, die natürlich erst einmal selbst Geld verdienen möchten. Viele Finanzmarktprodukte sind eigentlich Schneeballsysteme. Sie kommen ohne „frisches Geld“ nicht aus.

Udo Schmallenberg, Online-Journalist und Suchmaschinenoptimierer für Rechtsanwälte im Bank- und Kapitalmarktrecht, geht davon aus, dass noch weit größere Blasen als Infinus platzen werden. Die Rekordmarke von 40.000 enttäuschten Anlegern pro Fall und bis zu einer Milliarde Schaden wird innerhalb der nächsten 5 Jahre zwangsläufig geknackt werden. Die Garantie dafür ist die reine Existenz solcher Konstruktionen.

Schmallenberg: „Für mich sind Insolvenzen unausbleiblich, denn Renditeforderungen in solchen Größenordnungen lassen ein ‚halbwegs akzeptabel‘ in den Bilanzen der Anlagegesellschaften eigentlich nicht zu.“

Die Angst vor Kapitalverlust gibt angeschlagenen Gesellschaften den Rest und plötzlich stellt sich heraus: Es ist gar kein Geld mehr da - verbraten durch Provisionen, überhöhte Weichkosten, Managergehälter und Missmanagement. Schmallenberg: „Finanzmarktprodukte des Typs Infinus müssen Schneeballsysteme sein um überhaupt eine Zeit über die Runden zu kommen. Bleibt frisches Geld aus, dann gibt es halt den nächsten Skandal. Bilanzen werden entsprechend geschrieben, damit es möglichst spät auffliegt.“ Schuldige: Emittenten, Wirtschaftsprüfer, Vermittler, Wirtschaftsinformationsdienste, Ratingagenturen...

Wenn es aber Schuldige gibt, dann kann man auch Schadensersatz fordern!  An diesem Punkt ergibt sich ein aber ein Problem und eine Weichenstellung hin zu einem neuen Anlegerschutz: 40.000 Infinus-Anleger können und werden nicht gleichzeitig Schadensersatz fordern.

 

Recht bekommen ohne RSV

Viele Anleger konnten sich bislang auf ihre Rechtsschutzversicherungen verlassen, aber wie ist es mit der Bereitschaft zur Deckungszusage, wenn lern- und beratungsresistente Anleger von einem Verlust in den anderen stolpern? Dann ist es irgendwann mal „aus“ mit dem Vertragsrechtsschutz und es stellt sich die Frage, wie Anleger ohne bemerkenswerten finanziellen Hintergrund demnächst zu ihrem Recht kommen sollen.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich Anleger zusammen schließen müssen. Ein gutes Beispiel ist die geplante Klage von Anlegern der Future Business KG aA gegen Wirtschaftsinformationsdienste und Ratingagenturen wie z.B. Bisnode. Rechtsanwalt Rotter aus München bereitet ein Verfahren nach dem Kapitalanlage-Musterverfahrensgesetz vor und führt daran interessierte Anleger in einer Gruppe unter der Regie eines „Gemeinsamen gesetzlichen Vertreters“ zusammen. Dieser organisiert die notwendigen „anhängenden Verfahren“.

KapMuG geht so: Wer gegen Bisnode klagen möchte und sich eine Minimalchance auf Kapital-Rekonstruktion sichern möchte, legt eine Klage ein. Diese „anhängigen“ Klagen - mindestens 10 - ruhen allerdings, bis der so genannte Musterkläger unter Rotters Führung das KapMuG-Verfahren zum Abschluss bringt. Alle anhängenden Verfahren müssen dann entsprechend des „Musterurteils“ entschieden werden. Dazu will Rotter 1500 Mitglieder zusammenführen, die in Relation zur Anlagesumme  einen anteiligen Beitrag zu leisten haben, um das teure Verfahren finanzieren zu können.

 

Ausschlussklauseln der Rechtsschutzversicherung

Schon jetzt dürfen Rechtsschutzversicherer in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Klauseln verwenden, die Kostenübernahme rund um Kapitalanlagen ausschließen.

 

Kollektiver Rechtsschutz

Hilfe im Ringen um Chancengleichheit zwischen Verbrauchern und Unternehmen bieten auch die Initiativen der Europäischen Gesellschaft zum Thema "Kollektiver Rechtsschutz". Die bisherigen Weichenstellungen und die Verlautbarungen aus den Mitgliedsländern lassen keinen anderen Schluss zu, als dass es in absehbarer Zukunft ein Instrument wie eine (europäische) Sammelklage auch in Deutschland geben wird. Bislang kann nur im Kapitalanlagebereich das Kapitalanlage-Musterverfahrensgesetz angewendet werden.

Im Grünbuch 2005 hat die Europäische Kommission die “Europäischen Samelklage” erstmals ausformuliert (KOM(2005)672 endgültig). 2008 folgte das EU-Weißbuch KOM(2008) 165 endgültig) mit weiteren Festlegungen. Grundsätzlich geht es bei der europäischen Sammelklage um ein für die Europäische Union einheitlich geltendes juristisches Instrument zur vereinfachten Durchsetzung von Verbraucherrechten in Massenschadensfällen.

Mehr Informationen dazu auch unter www.kollektiver-rechtsschutz.de

 

Schadensersatzansprüche an die Vermittler

Das Beispiel Future Business KG aA hat deutlich gezeigt, dass Vermittler nicht immer für eine Kapitalanlage-Beratung in die Schadensersatzpflicht genommen werden können. Die gebundenen Vermittler der Infinus AG FDI sind in den letzten Wochen und Monaten intensiv verklagt worden. Verurteilt wurde bislang niemand. Ein Fall dürfte nun sogar vor dem BGH höchstrichterlich entschieden werden.

Vermittleranwalt Nikolaus Sochurek ist spezialisiert auf Finanzberaterhaftung und sicher, dass der von ihm bis zum BGH begleitete Vermittler auch hier nicht zu Schadensersatz verpflichtet werden wird. Sochurek: „Bereits gegenwärtig ist klar zu erkennen, dass die Anzahl der Klagen gegen vertraglich gebundene Vermittler abnimmt“! Für Sochurek ist die Inanspruchnahme von Wirtschaftsinformationsdiensten vielleicht ein eher Erfolg versprechender Versuch, sich an potentiell Mitverantwortlichen schadlos halten zu können, die auch in der Lage sind, Schadensersatz zu leisten. Inwieweit hier jedoch eine Haftung besteht, ist nach seiner Auffassung nur schwer zu beurteilen.

Sochurek: „Viele der ehemaligen gebundenen Infinus-Vermittler wären auch nicht in der Lage, die Kosten einer Rückabwicklung einer von ihnen vermittelten Kapitalanlage aufbringen zu können!“ Und wie es auch immer mit dem Anlegerschutz weitergeht: Sochurek ist sicher, dass man den Vermittlern und Beratern von Kapitalanlagen nicht stets die unliebsame Rolle der für alles Verantwortlichen zuschieben kann. Dennoch geht Sochurek davon aus, dass auch weiterhin - insbesondere in Anlagebetrugsfällen - die Vermittler als oftmals einziger solventer Anspruchsgegner im Feuer stehen werden. „Infinus war ein Ausnahme, da es sich um vertraglich gebundeneVermittler handelte und die Klagen allesamt bereits an der Passivlegitimation scheiterten.“ Er geht davon aus, dass fehlende Deckungszusagen von Rechtsschutzversicherungen Einzelklagen gegen ehemalige vertraglich gebundene Vermittler der Infinus immer seltener werden lassen. Dennoch wird das Thema Beraterhaftung weiterhin im Kapitalanlagerecht von erheblicher Bedeutung sein. Welche Seite das Thema am Ende für sich gewinnt bleibt offen.

Weitere Informationen zum Thema Finanzberaterhaftung auch auf www.finanzberaterhaftung.de

 

Wird fortgesetzt