Für börsennotierte Gesellschaften ist Compliance ein Muss, aber auch immer mehr Unternehmen des Mittelstandes mit einem entsprechenden Bilanzvolumen überlassen ihren guten Ruf nicht mehr dem Zufall und den eigenen Kontrollmöglichkeiten, sondern setzen Standards in Sachen Rechtmäßigkeit und unternehmerischer Moral. Viele Versuche scheitern aber, weil sich ein Virus wie Korruption im Unternehmen selbst verteidigt - eine Antwort auf das Dilemma bietet "Externe Compliance". Damit ist die Hinzuziehung von Expertise durch Dritte gemeint oder die komplette Auslagerung aller die Compliance betreffender Aufgaben an einen externen Compliance Officer.
Was bedeutet "externe Compliance"?
Für die Analyse, den Aufbau und die Wartung einer unternehmerischen Compliance ist der sogenannte "Compliance Officer" zuständig. Lagert man Compliance aus, dann spricht man von "Externer Compliance". Compliance-Verantwortlichkeit wird entweder an eine Einzelperson übertragen oder es wird eine Abteilung mit einem Mitarbeiterteam installiert, dem z.B. in DAX-Unternehmen der "Head of Compliance" als verantwortlicher Vorstand vorsteht. Grundsätzlich ist der in einem Unternehmen für Compliance zuständige Person der "Compliance Officer". Diese Person ist entweder Mitarbeiter des Unternehmens und steht auf dessen Lohnliste, oder als "Externer Compliance Officer" Dienstleister, der über eine entsprechende Vereinbarung von außen für die Compliance sorgt. Braucht es ein Team zur Überwachung der unternehmerischen Compliance, dann wird in aller Regel eine darauf spezialisierte Kanzlei verpflichtet. Mittelstandsunternehmen leisten sich ebenso spezialisierte Einzelanwälte, um einen sicheren und unabhängigen Blick auf die Compliance des Unternehmens zu erhalten. Je nachdem, ob der Fokus aus der Installation eines Frühwarnsystems oder auf der Aufarbeitung von Compliance-Versagen geht, muss der beauftragte Anwalt mehr oder weniger im Wirtschaftsstrafrecht bewandert sein. Externe Compliance Officer sind daher meist Fachanwälte für Strafrecht mit einer besonderen Spezialisierung auf Wirtschaftsrecht und den verbundenen Rechtsgebieten Umweltstrafrecht, Arbeitsrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht. Da auch Aktienrecht und sonstige Bereiche des Bank- und Kapitalmarktrechts in die Arbeit einer externen Compliance einfließen, muss an einen externen Compliance-Beauftragten ein extrem hoher Anspruch an dessen Expertise als Wirtschaftsanwalt gestellt werden können. Ein externer Compliance-Beauftragter muss vor allem Gefahren erkennen, abwenden und aufarbeiten können, um Compliance-Versagen auszuschließen und Schaden vom Unternehmen abwenden zu können.
Ein Compliance-Beauftragter sorgt dafür, dass sich alle Mitarbeiter eines Unternehmens „compliant“ verhalten, also rechtskonform und zwar so, dass das Unternehmen vor Schadenersatzansprüchen, juristischen Auseinandersetzungen und sonstigen Schäden wie z.B. Rufschädigung, Kapitalverlusten, Kursschwankungen etc. bewahrt bleibt.
Compliance und Strafrecht
Compliance ist grundsätzlich eine strafrechtliche Beratung - vor, während und nachdem etwas passiert ist - idealerweise wirkt Compliance präventiv, und hier auch am wirksamsten.
Die Verteidigung vor Gericht und die Abwehr von Forderungen sind idealerweise Sache von im Wirtschaftsrecht versierten Fachanwälten für Strafrecht. Die Fokussierung darauf ist notwendig, denn Schäden können nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden und wenn die Probleme handfest werden, muss ein Compliance-Offizier reagieren können. Wird eine strafrechtlich relevante Tat von einem Mitarbeiter begangen, dann muss der Compliance-Verantwortliche eine Strategie entwickeln, die Geschäftsleitung informieren und wichtige Schritte einleiten. Wichtig sind Anleitungen, wie mit dem Fall umzugehen ist, damit der Schaden nicht durch unbedachtes Handeln noch vergrößert wird.
Aufgabe eines externen Compliance-Beauftragten ist im Idealfall die Implementierung eines Compliance-Management-Systems und die Anlage Organisationsstruktur, die die Gefahr von Straftaten durch Mitarbeiter herabsetzt. Weitere Punkte sind:
- die regelmäßige Kontrolle von Geschäfts- oder Produktionsabläufen
- die Aufklärung und Sensibilisierung der Mitarbeiter zu gesetzlichen Vorschriften
- die Ausarbeitung unternehmensinterner Richtlinien
- Schulungen
- Koordination der Öffentlichkeitsarbeit.
Aufgaben des Compliance-Beauftragten in der Krise
Die Krise stellt alles auf den Kopf und ist durch kein Compliance-Management der Welt zu 100 % zu verhindern. Krisen sind
- Korruptionsverdacht gegen Mitarbeiter und/oder Abteilungen
- Strafbare Handlungen
- Umweltverstöße
- Unregelmäßigkeiten in der Bilanz
Gute Compliance kann so etwas nicht sicher verhindern, aber garantieren, dass das Unternehmen korrekt und ohne den Schaden noch zu vergrößern damit umgeht. Für die Krise muss es Pläne und Laufwege gaben. Auch darf die krise niemanden überraschen.
Der Compliance-Verstoß
Misslingen Compliance-Maßnahmen und erwachsen aus falschem oder fehlendem Verhalten Verstöße gegen Gesetze, moralische Ansprüche oder gegenüber der Verantwortlichkeit für Mitarbeiter und Mitmenschen, dann spricht man von einem Compliance -Verstoß. Darunter fallen alle Arten von Regelverstößen, die konkret genannt werden können. Ein gutes Beispiel dafür ist der Datenschutz und hier die Nicht-Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung.
Findet ein Compliance-Verstoß vorsätzlich und nachweislich statt, dann gibt es dafür immer einen oder mehrere Verantwortliche, die dafür - auch mit Schadenersatz- in die Pflicht genommen werden können. Die Abwehr von Restriktionen seitens Staat und Gesellschaft ist Sache eines erfahrenen Strafverteidigers.
Um welche Rechtsnormen geht es bei Compliance-Verstößen?
Neben den Gesetzen, die durch einen Compliance-Verstoß verletzt wurden, geht es in der Bewertung und Zuordnung von Verantwortung um folgende Gesetze:
- §91, §93 und §116 (AktG) - Vorstände/Geschäftsführer müssen dem Unternehmen Schadensersatz zahlen
- §33 (GWB) - Das Unternehmen muss Schadensersatz an Wettbewerber zahlen
Zivilrechtliche Ansprüche gegenüber Kunden regelt die Zivilprozessordnung nach BGB.
Folgen sind
- Ein durch den Verstoß erwirtschafteter Vorteil wird eingezogen.
- Das Finanzamt erlässt ein Abzugsverbot und untersagt den Vorsteuerabzug, zudem werden Betriebsausgaben steuerlich nicht mehr berücksichtigt. Über das Ergebnis einer Schätzung wird die Staatsanwaltschaft informiert.
- Das Kreditranking leidet, das Unternehmen bekommt Probleme bei der Finanzierung
- Unter Umständen landet das Unternehmen auf nationalen und internationalen Blacklists und wird von wichtigen Verfahren und Prozessen, z.B. Auftragsvergaben der öffentlichen Hand, ausgeschlossen
Vonovia - Compliance und der Korruptionsverdacht
Compliance und Betrugsfälle sind in der Immobilienwirtschaft schon häufig aufgetreten. Was an Fällen wie aktuell bei Vonovia überrascht, dass sie nicht früher erkannt oder grundsätzlich vermieden werden können. Vonovia als DAX Konzern unterhält ein differenziertes und auditiertes Managementsystem. Rechtsanwalt Benjamin Hasan, der schon diverse Compliance Systeme auf ihre Wirksamkeit überprüft hat und selbst Chief Compliance Officer einer Bank war, dazu:
Nach der Vonovia-Razzia: Verhaltenskodex im Fokus von Compliance
Große Aktiengesellschaften haben sich bereits verpflichtet, möglichst umfangreiche Pläne, Maßnahmen und Kontrollsysteme zur Gestaltung und Überwachung der Compliance zu entwickeln und vorzuhalten, damit „Rechtschaffenheit“ wichtige Unternehmensmaxime wird oder bleibt. Mittelständische Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, Compliance in die Unternehmensstruktur einzubauen. Aktuelle Ereignisse zeigen, wie wichtig das sein kann, aber wie schnell sowas auch - trotz großer Compliance-Bemühungen schlimme ausgehen kann.