Die Freude am eigenen Wohnmobil ist bei vielen Besitzern getrübt. Grund ist der Abgasskandal, der auch die Camper erreicht hat. Besonders betroffen sind Wohnmobile, die einen Fiat Ducato als Unterbau haben. Abgasmessungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und auch des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) zeigen, dass Modelle des Fiat Ducato sowohl mit der Abgasnorm Euro 5 als auch mit der Abgasnorm Euro 6 die zulässigen Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß übersteigen.
Die hohen Emissionswerte können als Hinweis auf unzulässige Abschalteinrichtungen verstanden werden. Auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt geht dem Verdacht unzulässiger Abschalteinrichtungen bei Fiat nach und ließ im Sommer 2020 Geschäftsräume von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) in Deutschland, Italien und der Schweiz durchsuchen. Die Ermittler gehen dabei dem Verdacht unzulässiger Abschalteinrichtungen bei Fahrzeugen der Marken Fiat, Alfa Romeo, Jeep und Iveco mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 nach. Betroffen sind auch Wohnmobile.
Dazu passen auch die Messungen des KBA, wonach Wohnmobile auf Basis eines Fiat Ducato die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß nicht einhalten. Wie die Behörde kürzlich mitteilte, prüft sie Schritte, um eine ggf. unzulässige Abschalteinrichtung bei den betroffenen Modellen entfernen zu lassen. „Das heißt, dass auf Besitzer von Wohnmobilen mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 ein Rückruf durch das KBA zukommen kann“, sagt Rechtsanwalt Christian Heitmann aus Frankfurt.
Um Schadenersatzansprüche geltend zu machen, müssen Wohnmobil-Besitzer jedoch nicht auf einen Rückruf warten. Schon jetzt bestehen gute Chancen, Schadenersatz gegen Fiat Chrysler (inzwischen Stellantis) durchzusetzen. So hat u.a. das Landgericht Stade schon mehrfach entschieden, dass in den Wohnmobilen der Kläger auf Basis eines Fiat Ducato eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist und sie daher Anspruch auf Schadenersatz haben. Da sich Fiat zu den Vorwürfen regelmäßig nicht äußert, hat das LG Stade per Versäumnisurteil entschieden. Zu vergleichbaren Urteilen sind u.a. auch die Landgerichte Görlitz, Heilbronn, Schwerin oder Koblenz gekommen.
Bemerkenswert ist ein Urteil des LG Stade vom 17. August 2021 (Az.: 2 O 175/21). Das Gericht hat entschieden, dass der Kläger auch Anspruch auf den sog. kleinen Schadenersatz hat. Dabei wird der Kaufvertrag nicht rückabgewickelt, sondern der Kläger behält das Wohnmobil und hat Anspruch auf Ersatz des Minderwerts, den das Fahrzeug durch die Abgasmanipulationen erlitten hat. In dem Fall waren das knapp 18.000 Euro.
Das Landgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 2. September 2021 entschieden, dass der Händler dem Kläger ein neues mangelfreies Wohnmobil aus der aktuellen Serienproduktion mit vergleichbarer Ausstattung liefern muss (Az.: 4 O 767/21).
„Ansprüche im Wohnmobil-Abgasskandal können sowohl gegen den Hersteller als auch gegen den Händler geltend gemacht werden. Dabei ist zu beachten, dass die Ansprüche gegen den Händler innerhalb der Gewährleistungsfrist geltend gemacht werden müssen“, so Rechtsanwalt Heitmann. Die Gewährleistungsfrist beträgt bei Neufahrzeugen zwei Jahre und bei Gebrauchtfahrzeugen ein Jahr.
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