Gerichte quer durch die Republik haben bei Schadensersatzklagen im VW-Abgasskandal schon zu Gunsten der geschädigten Käufer entschieden. Auch das Landgericht Stuttgart reiht sich hier mit seiner verbraucherfreundlichen Rechtsprechung ein.
Ein typisches Beispiel für die Rechtsprechung des LG Stuttgart dürfte ein Urteil vom 16. November 2017 sein (Az.: 19 O 34/17). Hier stellte das Gericht fest, dass ein Autohersteller wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung haftet, wenn er ein Fahrzeug in den Verkehr bringt, dass die notwendige Typengenehmigung nur durch eine Täuschung erschlichen hat und die Gefahr des Widerrufs der Genehmigung besteht. Dabei hafte der Hersteller auch gegenüber Gebrauchtwagenkäufern.
Konkret hatte in dem Fall eine Frau auf Schadensersatz geklagt, die einen gebrauchten VW Polo mit dem vom Abgasskandal betroffenen Motor EA 189 gekauft hatte. Das LG Stuttgart gab der Klage überwiegend statt. Durch die Verwendung des Manipulationssoftware habe Volkswagen die Käuferin vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Daher habe die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz. Das Fahrzeug habe zwar über eine Typengenehmigung verfügt, allerdings hätte die Zulassung aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erteilt werden dürfen. Dadurch bestand die Gefahr, dass die Zulassung jederzeit hätte widerrufen werden können. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass die Klägerin das Auto nicht gekauft hätte, wenn sie von den Abgasmanipulationen gewusst hätte. Daher habe sie einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Auch wenn VW die Möglichkeit hat, gegen das Urteil Berufung einzulegen, finden die Berufungsverfahren häufig erst gar nicht statt, da sich die Parteien zuvor auf einen Vergleich einigen. "Dahinter dürfte die Befürchtung von VW stehen, dass auch ein Oberlandesgericht verbraucherfreundlich entscheiden würde. Solche Urteile mit Signalwirkung sollen offenbar verhindert werden", sagt Rechtsanwalt Florian Hitzler, BRÜLLMANN Rechtsanwälte, aus Stuttgart.
Am Landgericht Stuttgart hat sich offenbar ohnehin die Auffassung durchgesetzt, dass die Verbraucher im Abgasskandal Anspruch auf Schadensersatz haben. "Bei einer Verhandlung am 7. September 2018 wies der Richter in aller Deutlichkeit darauf hin, dass die Mehrheit der Kammern des Landgerichts Stuttgart VW wegen sittenwidriger Schädigung verurteilt und berief sich dabei auf das Urteil vom 16.11.2017", so Rechtsanwalt Hitzler. In einer anderen Verhandlung empfahl der Richter den Parteien sofort einen Vergleich zu schließen und damit nicht bis zum Berufungsverfahren vor dem OLG Stuttgart zu warten.
"Insgesamt zeigt sich, dass Schadensersatzklagen im Abgasskandal gegen VW gute Erfolgsaussichten haben. Das gilt besonders auch für Klagen, die am Landgericht Stuttgart verhandelt werden. Geschädigte Käufer, die ihr abgasmanipuliertes Fahrzeug im Großraum Stuttgart erworben haben, haben daher beste Chancen, ihre Ansprüche gegen VW durchsetzen zu können", betont Rechtsanwalt Hitzler.
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