Wegen Corona geschlossen – das mussten viele Gaststätten, Restaurants und andere Gewerbetreibende erdulden. Die angeordnete Schließung bedeutete enorme, wenn nicht existenzbedrohende Einnahmeverluste. Selbst für diejenigen, die eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen haben. Denn vielfach verweigerten die Versicherer die Leistung. Zu Unrecht, wie das Landgericht München nun bereits zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit feststellte. Mit Urteil vom 22. Oktober 2020 entschied es, dass der Versicherer einem Münchner Gastwirt eine Entschädigung in Höhe von rund 427.000 Euro wegen der Corona-bedingten Schließung der Gaststätte zahlen muss (Az.: 12 O 5868/20).
Das Gasthaus musste auf Anordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege am 21. März 2020 aufgrund des Corona-Virus geschlossen werden. Dass er eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen hatte, half dem Gastwirt zunächst auch nicht weiter. Denn der Versicherer sah sich nicht in der Leistungspflicht. Dies begründete er u.a. damit, dass Corona nicht vom Versicherungsschutz umfasst sei, da es nicht ausdrücklich in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) erwähnt ist.
Dieser Argumentation erteilte das LG München eine klare Absage. Die entsprechende Klausel in den AVB sei für den Versicherungsnehmer intransparent und daher unwirksam. Wenn der Versicherungsschutz schon eingeschränkt werden soll, müsse für den Versicherungsnehmer klar ersichtlich sein, auf welche Fälle sich die Police erstreckt. Dies sei hier nicht ersichtlich, so das LG München.
Für den Versicherungsschutz komme es auch nicht darauf an, ob das Corona-Virus in dem versicherten Betrieb aufgetreten ist. Entscheidend sei nur, dass die Betriebsschließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erfolgte. Das war hier der Fall. Der Betrieb sei auch vollständig geschlossen gewesen. Ein Außerhausverkauf sei zwar rechtlich möglich gewesen, stelle für ein Restaurant aber nur ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft und keine unternehmerische Alternative dar. Daher müsse sich der Kläger auch nicht darauf verweisen lassen, führte das Gericht weiter aus.
Zudem stellte das LG München klar, dass Kurzarbeitergeld oder staatliche Liquiditätshilfen auf die Höhe der Entschädigung nicht angerechnet werden dürfen. „Auch das ist für die Gastwirte wichtig. Denn in der vermeintlichen Kulanz-Lösung der bayerischen Landesregierung mit vielen Versicherern wurde gerade durch die Anrechnung solcher Hilfen versucht, den Schaden der Versicherten klein zu rechnen und um rund 70 Prozent zu reduzieren. Großzügigerweise sollten die Versicherer von dem dann verbliebenen Schaden noch die Hälfte übernehmen – natürlich nur aus Kulanz und nicht aus einer Rechtspflicht. Durch diese Rechnung hat das Landgericht München erfreulicherweise einen dicken Strich gemacht“, sagt Rechtsanwältin Eva Birkmann, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Schon am 1. Oktober hatte der LG München in einem vergleichbaren Fall ähnlich entschieden und einem Gastwirt eine hohe Entschädigung zugesprochen. In einem weiteren Fall haben sich Versicherung und Versicherungsnehmer kürzlich außergerichtlich geeinigt. „Es zeigt sich immer mehr, dass Ansprüche gegen die Betriebsschließungsversicherung auch durchgesetzt werden können“, so Rechtsanwältin Birkmann.
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