Audi haftet auch im Porsche-Abgasskandal auf Schadenersatz. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht mit Urteil vom 15. Februar 2022 bestätigt (Az. 7 U 41/21). In dem Verfahren ging es um einen Porsche Cayenne mit einem von der Konzernschwester Audi entwickelten 4,2 Liter Dieselmotor. „In dem Motor ist eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut. Audi muss den Porsche Cayenne zurücknehmen und meinem Mandanten im Gegenzug Schadenersatz in Höhe von rund 82.000 Euro zahlen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ingo Gasser aus Kiel, der das Urteil erstritten hat.
Die Audi AG hat innerhalb des VW-Konzerns die großvolumigen Dieselmotoren mit 3 und 4,2 Liter Hubraum entwickelt und hergestellt. Die Motoren kamen nicht nur in zahlreichen Audi-Modellen, sondern u.a. auch in den Porsche SUVs Macan und Cayenne zum Einsatz. Wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) einen Rückruf für zahlreiche Modelle angeordnet. „Als Herstellerin der Motoren steht die Audi AG für die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen in der Haftung“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gasser.
In dem Fall vor dem OLG Schleswig hatte der Kläger im Juni 2016 einen Porsche Cayenne S Diesel mit 4,2 Liter Hubraum und der Abgasnorm Euro 6 zum Bruttopreis von 110.000 Euro als Neufahrzeug erworben. Den Kauf finanzierte er überwiegend über ein Darlehen in Höhe von 95.000 Euro. Die Darlehenszinsen betrugen rund 18.800 Euro.
Das KBA hat auch dieses Modell 2020 einen Rückruf wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen angeordnet. Es bemängelte u.a., dass nur im Prüfmodus eine ausreichende Menge des Harnstoffs AdBlue eingespritzt wird. Unter normalen Betriebsbedingungen im Straßenverkehr werde die AdBlue-Zufuhr reduziert, was zu einem Anstieg des Emissionsausstoßes führe.
Der Kläger ließ das folgende Software-Update zwar aufspielen, machte aber auch Schadenersatzansprüche geltend. Mit Erfolg. „Das Landgericht Kiel gab unserer Klage statt. Audi habe den Motor mit der unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht und sei wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadenersatz verpflichtet“, so Rechtsanwalt Dr. Gasser. Das LG Kiel entschied, dass der Kaufvertrag rückabgewickelt werden könne. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs kann der Kläger die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen. Außerdem sei er von allen Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag freizustellen.
Audi legte gegen das Urteil Berufung ein, beschränkte sich dabei jedoch auf die Übernahme der Kosten für die Zinsen. Diese Kosten wären auch dann angefallen, wenn der Kläger den Porsche Cayenne nicht gekauft hätte. Dann wären Finanzierungskosten für den Kauf eines anderen Autos angefallen, argumentierte Audi. „Die Rechnung geht jedoch nicht auf. Alternativ zu dem Porsche hatte mein Mandant einen BMW ins Auge gefasst, der günstiger gewesen wäre und somit auch weniger Darlehenszinsen angefallen wären. Wir haben und daher mit Audi darauf verständigt 10.000 Euro als Sowieso-Kosten, die ohnehin angefallen wären, anzurechnen“, so Dr. Gasser.
Darüber hinaus das OLG Schleswig Holstein das erstinstanzliche Urteil weitgehend bestätigt. Da das Darlehen inzwischen vollständig zurückgezahlt wurde, erhöht sich die Zahlung an den Kläger. Gegen Rückgabe des Porsche kann er die Erstattung des Kaufpreises verlangen. Für die gefahrenen rund 100.000 Kilometer muss er sich allerdings eine Nutzungsentschädigung in Höhe von rund 36.000 Euro anrechnen lassen. Nach Abzug der 10.000 Euro für die „Sowieso-Kosten“ hat der Kläger noch einen Anspruch auf Zahlung von rund 82.000 Euro.
„Audi hat Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung hergestellt und in den Verkehr gebracht. Damit bestehen im Abgasskandal gute Chancen, Schadenersatzansprüche gegen Audi durchzusetzen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gasser, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
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