Der VW-Abgasskandal geht auch beim Nachfolgemotor des Typs EA 288 weiter. Mit Urteil vom 23. Juni 2020 entschied das Landgericht Offenburg, dass ein Händler einen Audi A3 2,0 TDI mit der Abgasnorm Euro 6 und dem Dieselmotor EA 288 zurücknehmen muss und die Audi AG zu Schadensersatz verpflichtet ist (Az.: 3 O 38/18). Nach Überzeugung des Gerichts ist in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte die Klägerin im Dezember 2015 den Audi A3 bei der Volkswagen Leasing GmbH geleast. Laut Leasing-Vertrag wurden alle Ansprüche gegen die Verkäuferin wegen Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs an die Klägerin abgetreten. Da in dem Fahrzeug nach Ansicht der Klägerin unzulässige Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung verwendet werden, erklärte sie im September 2017 die Anfechtung des Kaufvertrags und hilfsweise den Rücktritt. Das Autohaus lehnte den Rücktritt mit der Begründung ab, dass das Fahrzeug keine illegale Abschalteinrichtung enthalte.
Das sah das LG Offenburg allerdings anders. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wird, die dafür sorgt, dass der Emissionsausstoß im Prüfmodus reduziert wird. Dabei ist der Katalysator im Teststand fast leer, während dies in normalen Straßenverkehr nicht der Fall ist. Warum es sich dabei um eine zulässige Ausnahme handeln soll, habe Audi nicht schlüssig dargelegt. Dass es für das Fahrzeug bislang keinen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) gegeben hat, sei unerheblich, so das Gericht.
Die verbotene Abschalteinrichtung führe für den Kunden zu erheblichen Nachteilen. Denn einerseits entsprechen die tatsächlichen Abgaswerte nicht denen, die er aufgrund der Beschreibung und der gesetzlichen Grenzwerte erwarten durfte und andererseits bestehe das Risiko, dass die Behören das Fahrzeug aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung stilllegen. Die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung führe auch dazu, dass das Fahrzeug mangelhaft ist, führte das LG Offenburg weiter aus.
Ein Käufer oder Leasingnehmer dürfe davon ausgehen, dass das Fahrzeug ohne Mängel ist und den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Daher sei der Klägerin schon mit Abschluss des Leasingvertrags ein Schaden entstanden. Den Schaden habe Audi mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verursacht, so das Gericht.
Das LG Offenburg rügte auch das Prozessverhalten des Autobauers. Zunächst habe Audi die Behauptungen der Klägerin pauschal als unzutreffend abgewiesen und sogar stillschweigend hingenommen, dass das Gericht zur Frage der Teststandserkennung Beweis erheben wollte. Erst auf ausdrückliche schriftliche Nachfrage des Gerichts habe Audi die Teststandserkennung eingeräumt, dabei allerdings wahrheitswidrig behauptet, dass dies zu keinen Veränderungen im Normalbetrieb auf der Straße führe. Erst nach nochmaligen schriftlichen Nachfragen des Gerichts, räumte Audi ein, dass die Funktion Auswirkungen auf die Regelung des Katalysators und somit auf die Abgasreinigung habe.
Da das Fahrzeug mangelhaft ist, sei die Klägerin wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Das Autohaus müsse gegen Rückgabe des Fahrzeugs den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer erstatten. Die Audi AG ist verpflichtet der Klägerin Schadensersatz für alle bereits entstandenen und zukünftigen Schäden zu bezahlen, die ihr durch das Leasing eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung entstanden sind.
„Das Landgericht Offenburg bezog sich auch ausdrücklich auf die Einschätzung der EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston. Diese stellte in ihrem Schlussantrag vom 30. April in einem Verfahren zum Abgasskandal klar, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält. Ausnahmen seien nur in sehr engen Grenzen und nur zum Schutz des Motors vor unmittelbaren Schäden und nicht vor langfristigen Auswirkungen zulässig. Diese Einschätzung zeigt Wirkung und erhöht die Chance, Schadensersatzansprüche bei Fahrzeugen des VW-Konzerns mit dem Motor EA 288 oder auch Fahrzeugen anderer Hersteller wie Daimler durchzusetzen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.
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