Immer wieder hat VW im Abgasskandal versucht, durch großzügige Angebote verbraucherfreundliche Entscheidungen durch Oberlandesgerichte zu verhindern. Doch diesmal ging die Taktik nicht auf. Drei Kläger ließen sich durch die Angebote nicht von ihrer Linie abbringen und setzten ihren Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion vor dem OLG Karlsruhe durch. Nicht nur das: Mit Urteilen vom 24. Mai 2019 entschied das OLG Karlsruhe außerdem, dass die Kläger keinen Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometer mit den durch die Abgasmanipulationen mangelhaften Fahrzeugen zahlen müssen (Az.: 13 U 144/17, 13 U 167/17 und 13 U 16/18).
Ein vierter Kläger hatte nach Medienberichten das Angebot von VW angenommen. Die drei anderen Kläger können sich nach den Entscheidungen des OLG Karlsruhe auf die Lieferung eines nagelfreuen VW Sharan, VW Touran bzw. Audi A3 freuen. Ihre gebrauchten Pkw geben sie im Gegenzug zurück. Für die Nutzung müssen sie nicht einen Cent erstatten.
Die Kläger hatten ihre Fahrzeuge zwischen 2009 und 2013 als Neuwagen gekauft. Alle drei Fahrzeuge sind mit dem Motor EA 189 ausgestattet, bei dem die Abgaswerte manipuliert worden waren. Die Kläger verlangten daher 2016 die Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Produktion, was die Händler jedoch ablehnten. Dies begründeten sie damit, dass die Nachlieferung unmöglich sei, weil die Fahrzeuge nicht mehr in der gleichen Art hergestellt würden. Zudem sei die Nachlieferung eines Neufahrzeugs unzumutbar, da inzwischen ein Software-Update zur Mangelbeseitigung angeboten werde.
Der BGH hatte in einem Hinweisbeschluss Anfang des Jahres bereits klargestellt, dass die Abgasmanipulationen einen Sachmangel darstellen und die Verbraucher einen Anspruch auf Lieferung eines neuen Ersatzfahrzeugs haben. Dieser Anspruch könne auch die Lieferung eines vergleichbaren Nachfolgemodells umfassen. Dieser Auffassung schloss sich das OLG Karlsruhe an. Auch wenn inzwischen nur noch die Nachfolgemodelle produziert werden, hätten die Käufer Anspruch auf Lieferung eines Fahrzeugs aus der aktuellen Produktion. Die Modelle seien trotz der vorgenommenen Änderungen vergleichbar. Die Nachlieferung sei auch nicht unverhältnismäßig, da das Software-Update zum Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens noch gar nicht zur Verfügung gestanden habe.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, Revision kann eingelegt werden. Ob es VW bzw. die Händler aber wirklich auf eine Entscheidung durch den BGH ankommen lassen werden, ist fraglich. „Die Entscheidungen des OLG Karlsruhe dürften schon jetzt richtungsweisend sein und viele Landgerichte werden sich bei Schadensersatzklagen im Abgasskandal daran orientieren. Das betrifft auch und insbesondere Schadensersatzklagen bei den Modellen mit dem größeren 3-Liter-Dieselmotor, der beim VW Touareg, Porsche Macan, Porsche Cayenne und verschiedenen Audi-Modellen eingesetzt wird. Auch bei Klagen gegen Mercedes wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen sind die Urteile ein klares Signal zu Gunsten der Verbraucher“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMNN Rechtsanwälte, aus Stuttgart.
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