Der VW-Abgasskandal schreibt seine nächste – etwas bizarre – Geschichte. Scheinbar ist sich VW selbst nicht mehr sicher, ob die eigenen Fahrzeuge, die von Abgasmanipulationen betroffen waren, nach dem Software-Update wieder den gesetzliche Vorschriften entsprechen. Aus Wolfsburg heißt es zwar, dass die Diesel nach dem Update gesetzeskonform seien. Im Widerspruch dazu steht aber das aktuelle Verhalten: Verbraucher, die ein solches Fahrzeug bei Volkswagen oder einem Vertragshändler kaufen möchte, sollen zuvor unterschreiben, dass sie über das Risiko aufgeklärt wurden, dass dem Fahrzeug die Zulassung entzogen werden könnte, wie das ZDF am 26. Juni 2023 online berichtet.
Dem ZDF liegt nach eigenen Angaben ein entsprechendes Schreiben von Volkswagen an die Vertragshändler vor. Demnach sollen die Kunden informiert werden, dass das Fahrzeug nach dem Software-Update ein Thermofenster bei der Abgasreinigung enthält. Zu den Folgen des Thermofensters heißt es in dem Schreiben: „Dies könnte bis zu einem gegen den Fahrzeughalter gerichteten Entzug der Fahrzeugzulassung oder einer Nutzungsuntersagung reichen.“ Betroffen sind offenbar Dieselfahrzeuge bis zum Baujahr 2017.
„Der Kunde soll im Endeffekt unterschreiben, dass er in Kauf nimmt, dass das Fahrzeug die Zulassung verlieren könnte. Ohne Unterschrift gibt es kein Auto. Käufer sollten sehr vorsichtig sein, wenn sie so ein Dokument unterschreiben. Die Vermutung liegt nahe, dass sich VW so gegen mögliche Schadenersatzforderungen absichern will“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Hintergrund dürften vermutlich verschiedene Gerichtsurteile der jüngeren Vergangenheit zu sein. So hat der EuGH erklärt, dass auch Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen, insbesondere wenn sie dafür sorgen, dass die Abgasreinigung schon bei üblichen Temperaturen reduziert wird. Zudem hat der EuGH klargemacht, dass Schadenersatzansprüche im Abgasskandal schon bestehen, wenn der Autohersteller eine unzulässige Abschalteinrichtung auch nur fahrlässig verwendet hat. Der BGH hat sich mit Urteil vom 26. Juni 2023 dieser Rechtsprechung angeschlossen. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung muss den Autoherstellern somit nicht nachgewiesen werden.
Zudem hat das Verwaltungsgericht Schleswig mit Urteil vom 20. Februar 2023 deutlich gemacht, dass das Software-Update bei einem VW Golf mit dem Dieselmotor des Typs EA 189 eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters enthält. VW hat zwar Berufung eingelegt, sollte das Urteil aber rechtskräftig werden, droht den betroffenen Fahrzeugen ein erneuter Rückruf und im Zweifelsfall die Stilllegung.
„Vor diesem Hintergrund sind Verbraucher gut beraten, die Kundeninformation von VW nicht zu unterschreiben. Dann könnten Schadenersatzansprüche nur noch schwer durchgesetzt werden“, so Rechtsanwalt Gisevius.
Ansonsten sind die Chancen auf Schadenersatz im Abgasskandal aufgrund der aktuellen verbraucherfreundlichen Rechtsprechung gestiegen.
Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.
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