Der Bundesgerichtshof hat sich im VW-Dieselskandal erneut verbraucherfreundlich positioniert. Mit Urteil vom 14.12.2021 stellte der BGH klar, dass auch dann Schadenersatzansprüche bestehen können, wenn das Auto vor Bekanntwerden des Abgasskandals gekauft, aber erst danach vollständig bezahlt und abgeholt wurde (Az.: VI ZR 676/20).
In der Regel lassen sich im VW-Abgasskandal keine Schadenersatzansprüche mehr geltend machen, wenn das Auto erst gekauft wurde, nachdem die Abgasmanipulationen bei Fahrzeugen mit dem Dieselmotor des Typs EA 189 aufgeflogen sind. In diesem Fall war die Ausgangslage allerdings nicht so eindeutig.
Der Kläger hatte im Sommer 2015 einen gebrauchten VW Caddy von einer Privatperson gekauft. Dabei leistete er zunächst nur eine geringe Anzahlung. Beide Parteien einigten sich darauf, dass das Auto erst im Oktober 2015 übergeben und dann auch die Restzahlung fällig wird. Dazwischen wurde im Herbst 2015 der Dieselskandal bekannt, von dem auch der VW Caddy betroffen war.
Der Kläger erfüllte den Kaufvertrag trotzdem. Er holte den Pkw Mitte Oktober 2015 ab und zahlte den restlichen Kaufpreis.
In der Folge ließ er das Software-Update zwar aufspielen, machte aber auch Schadenersatzansprüche geltend. Dabei argumentierte er, dass er das Auto bereits im Juli 2015 gekauft habe, auch wenn der den Kaufvertrag erst bei Übergabe des Fahrzeugs im Oktober unterschrieben habe.
Das OLG Braunschweig wies die Klage zurück. Der Kaufvertrag sei zwar bereits im Juli geschlossen worden, die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte jedoch erst rund drei Wochen nach Bekanntwerden des Abgasskandals. Daher hätte der Kläger Kenntnis von den Abgasmanipulationen haben können und es fehle an einem sittenwidrigen Verhalten von VW.
Der BGH sah dies jedoch anders. Demnach sei es unerheblich, ob der Kläger bei der Übergabe des Fahrzeugs von den Manipulationen gewusst habe. Denn den Kaufvertrag hatte er bereits zuvor abgeschlossen und musste daher auch den ausstehenden Kaufpreis begleichen. Der Schaden sei dem Kläger schon durch den Abschluss des Kaufvertrags entstanden und nicht erst durch die Erfüllung der vertraglichen Pflichten, führten die Karlsruher Richter aus. Dem Kläger könnten daher Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zustehen, so der BGH und verwies den Fall an das OLG Braunschweig zurück.
„Nachdem in der Zwischenzeit der BGH entschieden hat, dass VW sich im Dieselskandal grundsätzlich schadenersatzpflichtig gemacht hat, dürfte das OLG Braunschweig dem Kläger nun wohl Schadenersatz zusprechen“, so Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Schadenersatzansprüche können im VW-Abgasskandal in vielen Fällen nach wie vor geltend gemacht werden, da die Verjährung gemäß § 852 BGB erst zehn Jahre nach Kauf des Autos eintritt.
Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.
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