Verbraucher, die ihren Autokauf über ein Darlehen mit der BMW Bank finanziert haben, haben gute Chancen, ihren Kreditvertrag auch jetzt noch erfolgreich zu widerrufen und damit ggf. auch den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Grund für den möglichen Widerruf noch lange nach Vertragsschluss sind unzureichende Angaben der BMW Bank zum Verzugszins.
Der Europäische Gerichtshof hat die Verbraucherrechte beim Widerruf von Darlehen mit Urteil vom 9. September 2021 erheblich gestärkt (Az.: C-33/20, C-155/20, C-187/20). Der EuGH hat deutlich gemacht, dass Banken häufig nur unzureichende Pflichtangaben machen. So seien u.a. pauschale Angaben zum Verzugszins nicht ausreichend. Der Verzugszins müsse mit einem konkreten Prozentsatz angegeben und auch seine Anpassung konkret beschrieben werden. „Unzureichende Pflichtangaben oder fehlerhafte Widerrufsbelehrungen führen dazu, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt wurde und der Darlehensvertrag auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen werden kann“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Das Landgericht Augsburg ist der Rechtsprechung des EuGH gefolgt und hat mit Urteil vom 21. Februar 2022 festgestellt, dass der Widerruf eines Kreditvertrags mit der BMW Bank wirksam erfolgt ist (Az.: 112 O 1895/21).
Der Kläger in dem zu Grunde liegenden Fall hatte 2019 bei einem Autohaus einen gebrauchten BMW M550 XDrive gekauft und zur Finanzierung einen Kreditvertrag mit der BMW Bank geschlossen, der vom Autohändler vermittelt wurde. Einige Monate später erklärte er den Widerruf.
Die Bank wollte den Widerruf nicht anerkennen und verwies darauf, dass die 14-tägige Widerrufsfrist abgelaufen sei. Das sah das LG Augsburg jedoch anders: Da die Bank nur unzureichende Angaben zum Verzugszins gemacht habe, sei die Widerrufsfrist nie angelaufen und der Widerruf wirksam erfolgt.
In den Allgemeinen Darlehensbedingungen heißt es, dass die Bank Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr berechnet, wenn der Darlehensnehmer mit seinen Zahlungen in Verzug gerät. Diese Angabe sei unzureichend, so das LG Augsburg. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH hätten die Verzugszinsen mit einem konkreten Zinssatz und nicht nur pauschal mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz angegeben werden müssen. Zudem hätte auch der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret und für den Darlehensnehmer verständlich beschrieben werden müssen. Der Widerruf sei aufgrund der unzureichenden Pflichtangabe wirksam erfolgt, urteilte das LG Augsburg.
Liegt ein sog. verbundenes Geschäft zwischen Autokauf und Kreditvertrag vor, führt der erfolgreiche Widerruf dazu, dass der Verbraucher das Fahrzeug an die Bank gibt und im Gegenzug seine Zins- und Tilgungsleistungen inkl. einer möglichen Anzahlung zurückerhält. Das ist zumeist deutlich lukrativer als ein Weiterverkauf des Fahrzeugs.
„Dadurch wird der Widerruf zu einer interessanten Option. Das gilt in Zeiten von Abgasskandal und drohenden Fahrverboten umso mehr. Voraussetzung für den Widerruf ist lediglich, dass die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet oder unzureichende Pflichtangaben gemacht hat“, erklärt Rechtsanwalt Gisevius.
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