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Verwirkung Widerrufsrecht

19. Juni 2015

Eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehen wird es vorerst nicht geben. Die für den 23.Juni 2015 terminierte Verhandlung in dieses Sache ist geplatzt, da die Kläger die Revision zurückgezogen haben (XI ZR 154/14).

Verbraucher können ihre alte Darlehensverträge kündigen, wenn die Banken und Sparkassen fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verwendet haben. Dann wurde die Widerrufsfrist nie in Gang gesetzt, so dass auch Jahre nach Abschluss der Vertrag noch widerrufen werden kann. Für die Verbraucher kann das ein lohnendes Geschäft sein, da dann keine Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung des Darlehens fällig wird und sie von den aktuell günstigen Zinsen profitieren können.

Für die Banken und Sparkassen stellt es sich genau andersherum dar. Deshalb erkennen sie den Widerruf ggfs. nicht an. Dabei berufen sich die Kreditinstitute häufig auf die Verwirkung des Widerrufsrechts.

In dem Fall, der ursprünglich am 23. Juni 2015 vor dem BGH verhandelt werden sollte, hatten die Verbraucher auf die Rückerstattung bereits geleisteter Zinsen und Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung für bereits vorzeitig abgelöste Darlehen geklagt. Das Landgericht Hamburg hatte die Klage abgewiesen ebenso das OLG Hamburg (13 U 71/13). Das OLG erkannte zwar die fehlerhafte Widerrufsbelehrung, stellte aber auch fest, dass das Widerrufsrecht verwirkt sei. In der Begründung heißt es: Das Widerrufsrecht, das grundsätzlich der Verwirkung unterliege, sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung im Dezember 2011 aber verwirkt gewesen. Eine Verwirkung sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Verbraucher zwar eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten habe, diese aber nicht geeignet gewesen sei, ihn von einem Widerruf abzuhalten, und zudem seit Vertragsschluss geraume Zeit verstrichen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zwischen Vertragsschluss und Widerruf hätten mehr als vier dreiviertel Jahre, zwischen der vollständigen Abwicklung der Darlehen auf Wunsch der Kläger und dem Widerruf hätten drei Jahre gelegen (Zeitmoment). Die Beklagte habe nach so langer Zeit darauf vertrauen dürfen, dass die Darlehen erledigt seien und ein Widerruf nicht mehr zu erwarten stehe (Umstandsmoment). Die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Beklagten sei auch durch die konkrete Formulierung der Widerrufsbelehrungen nicht ausgeschlossen gewesen.

Die Revision vor dem BGH haben die Kläger wenige Tage vor der angesetzten Verhandlung zurückgezogen, teilte die Pressestellen des BGH am 19.Juni 2015 mit. Damit kommt es nicht zu einer Grundsatzentscheidung des BGH. Hätten die Karlsruher Richter entschieden, dass das Widerrufsrecht in dem Fall nicht verwirkt ist, hätte das für die Kreditinstitute Folgen haben können, da ihnen das wichtigste Argument bei der Ablehnung eines Widerrufs nicht mehr zur Verfügung stehen würde.

Bisher ist die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Verwirkung des Widerrufsrechts bei vorzeitig abgelösten Darlehen unterschiedlich. Von daher ist der Einzelfall zu bewerten. Verbraucher, die ihre Kreditverträge widerrufen möchten, sollten sich Unterstützung von einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht holen.