Der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler hat im Abgasskandal am 16. Mai 2023 ein Geständnis abgelegt. Durch seine Verteidigerin ließ er am Landgericht München vortragen, dass er zwar nicht gewusst habe, dass Abgaswerte manipuliert und Käufer geschädigt wurden, er habe es aber „als möglich erkannt und billigend in Kauf genommen“, zitiert das Handelsblatt. Weiter räumte Stadler ein, dass er die Möglichkeit hatte einzugreifen, dies allerdings unterlassen habe.
Damit liegt im Abgasskandal das erste Geständnis eines ehemaligen Mitglieds des VW-Konzerns vor. Der ehemalige Audi-Chef dürfte durch das Geständnis mit einer Bewährungsstrafe und Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1,1 Millionen Euro davonkommen. Mit dem Urteil wird im Juni gerechnet. Der Strafprozess gegen den ehemaligen Audi-Vorstand ist dann beendet, sein Geständnis dürfte aber auch Auswirkungen auf zivile Schadenersatzklagen im Dieselskandal haben.
„Durch das Geständnis dürfte klar sein, dass die Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen auch in der Führungsetage des VW-Konzerns bekannt waren. Damit dürfte auch feststehen, dass die Kunden durch die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen vorsätzlich sittenwidrig getäuscht wurden und die geschädigten Autokäufer Anspruch auf Schadenersatz haben“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius.
Der Bundesgerichtshof hat 2020 bereits entschieden, dass VW sich im Abgasskandal schadenersatzpflichtig gemacht hat. Dabei ging es um Fahrzeuge mit dem kleineren Dieselmotor des Typs EA 189, der in Modellen bis 2 Liter Hubraum der Konzernmarken VW, Audi, Skoda und Seat verbaut wurde.
Für die Entwicklung der größeren Dieselmotoren mit 3 und mehr Litern Hubraum ist die Konzerntochter Audi verantwortlichen. Die großvolumigen Motoren des Typs EA 896, EA 897 oder EA 898 kamen nicht nur in zahlreichen Audi-Modellen zum Einsatz, sondern u.a. auch im Porsche Macan, Porsche Cayenne oder VW Touareg. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat zahlreiche Modelle wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung zurückgerufen. Auch in diesen Fällen haben schon diverse Oberlandesgerichte entschieden, dass die geschädigten Käufer Anspruch auf Schadenersatz haben. „Eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH gibt es zu diesen Fahrzeugen zwar noch nicht, doch nach dem Geständnis des ehemaligen Audi-Chefs dürfte klar sein, dass auch hier Schadenersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bestehen“, so Rechtsanwalt Gisevius.
Die Aussichten auf Schadenersatz im Dieselskandal sind nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2023 ohnehin gestiegen (Az. C-100/21). Der EuGH hat deutlich gemacht, dass Schadenersatzansprüche schon dann bestehen, wenn der Autohersteller bei der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung nur fahrlässig gehandelt hat. Vorsatz und Sittenwidrigkeit muss demnach nicht mehr nachgewiesen werden. Der BGH hat bereits angekündigt, dass er sich dieser Rechtsprechung anschließen wird.
„Ob Audi, VW oder andere Autohersteller – die Aussichten auf Schadenersatz im Abgasskandal sind erheblich gestiegen“, sagt Rechtsanwalt Gisevius.
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