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LG Stuttgart: Schadensersatz wegen unzulässiger Abschalteinrichtung beim Audi A4 3-Liter-Diesel

24. Januar 2019 | rund ums Auto
Das Landgericht Stuttgart hat entschieden, dass das sog. Thermofenster bei einem Audi A4 mit 3-Liter-Dieselmotor eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und Audi somit zum Schadensersatz verpflichtet ist (Az.: 7 O 265/18).
Marcel Seifert
Marcel Seifert

Rechtsanwalt Marcel Seifert studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann an der Universität Tübingen...

Das Landgericht Stuttgart hat entschieden, dass das sog. Thermofenster bei einem Audi A4 mit 3-Liter-Dieselmotor eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und Audi somit zum Schadensersatz verpflichtet ist (Az.: 7 O 265/18).

Bei vielen Dieselfahrzeugen unterschiedlicher Hersteller werden sog. Thermofenster verwendet, um die Abgasrückführung in einem bestimmten Temperaturbereich zu reduzieren. Die Autohersteller halten dies für notwendig, um den Motor vor Versottungsschäden zu schützen. Das LG Stuttgart sieht in dem Thermofenster allerdings eine unzulässige Abschalteinrichtung und verurteilte deshalb schon Mercedes und nun auch Audi zu Schadensersatz, weil der Käufer durch die unzulässige Abschalteinrichtung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sei. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Die Reduzierung des Abgasrückführung sei zwar in Ausnahmefällen zulässig. Allerdings habe Audi in dem zu Grunde liegenden Verfahren nicht hinreichend dargelegt, dass eine solche Ausnahme zum Schutz des Motors vorliegt, so das LG Stuttgart.

Der Kläger hatte einen Audi A4 3 Liter TDI bei einen unabhängigen Händler erworben. Neben einem SCR-Katalysator zur Reduktion des Stickoxid-Ausstoßes verfügt das Fahrzeug auch über eine sog. Abgasrückführung. Diese wird bei bestimmten Temperaturen allerdings zurückgefahren und bei Temperaturen unter 5 Grad Celsius signifikant reduziert. Audi legte dar, dass die Abgasrückführung bei dem A4 3 Liter TDI bei einer Außentemperatur zwischen 20 und 38 Grad Celsius bei 100 Prozent, bei Temperaturen zwischen 20 und 5 Grad zwischen ca. 100 und 96 Prozent und bei Temperaturen zwischen 5 und minus 10 Grad noch zwischen 96 und 82 Prozent liege. Diese Reduzierung, das sog. "Ausrampen" sei notwendig, um den Motor vor ggf. massiven Schäden zu schützen. Solche Thermofenster würden in den meisten Dieselfahrzeugen aller Hersteller eingesetzt.

Diese Argumentation überzeugte das LG Stuttgart nicht. Eine Abschalteinrichtung sei nur ausnahmsweise zulässig, um den Motor vor Beschädigungen zu schützen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Bei einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 10 Grad in Stuttgart oder 4,8 Grad in Helsinki würde die Abschalteinrichtung fast ununterbrochen arbeiten. Dies könne keine Ausnahme im Sinne des EU-Gesetzgebers sein, stellte das LG Stuttgart klar. Dagegen spreche auch, dass in Art. 3 Nr. 9 Durchführungsverordnung festgelegt sei, dass die Stickoxid-Nachbehandlungseinrichtung nach einem Kaltstart des Motors bei minus 7 Grad Celsius innerhalb von 400 Sekunden eine für das ordnungsgemäße Arbeiten ausreichend hohe Temperatur erreicht haben muss. Ohne diesen Nachweis dürfe keine Typengenehmigung erteilt werden. Damit sei auch klargestellt worden, dass es für ein daneben bestehendes Thermofenster bei niedrigen Temperaturen keine Rechtfertigung geben kann. Zudem könnte eine Versottungsgefahr des Motors möglicherweise auch durch andere technische Maßnahmen erreicht werden, ohne dass eine Reduzierung des Abgasrückführung notwendig ist.

Unterm Strich sei das Thermofenster daher als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen, durch die der Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde und Audi daher zum Schadensersatz verpflichtet ist, so das LG Stuttgart. Zudem verurteilte das Gericht den Händler zur Rücknahme des Fahrzeugs und Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer.

"Das Landgericht Stuttgart hat erneut deutlich gemacht, dass es in Thermofenstern bei der Abgasrückführung unzulässige Abschalteinrichtungen sieht und die Käufer dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurden. Es bestehen daher gute Aussichten, Schadensersatzansprüche gegen VW, Audi und Porsche aber auch gegen andere Hersteller geltend zu machen", so Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte, aus Stuttgart.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

 

Mehr Informationen: https://www.bruellmann.de/faelle/vw-abgasskandal/

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