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Thermofenster - Schadenersatz für Mercedes Vito im Abgasskandal

05. Dezember 2022 | rund ums Auto
Der EuGH hat mit richtungsweisendem Urteil vom 14. Juli 2022 deutlich gemacht, dass er die im Abgasskandal viel diskutierten Thermofenster bei der Abgasreinigung für unzulässig hält (Az.: C-128/20, C-134/20, C-145/20). Das Landgericht Stuttgart teilt diese Ansicht und sprach der Käuferin eines Mercedes Vito Schadenersatz zu.
Frederick M. Gisevius
Frederick M. Gisevius

Herr Frederick Gisevius studierte an der Eberhard Karls Universität in Tübingen Rechtswissenschaften.

Der EuGH hat mit richtungsweisendem Urteil vom 14. Juli 2022 deutlich gemacht, dass er die im Abgasskandal viel diskutierten Thermofenster bei der Abgasreinigung für unzulässig hält (Az.: C-128/20, C-134/20, C-145/20). Das Landgericht Stuttgart teilt diese Ansicht und sprach der Käuferin eines Mercedes Vito Schadenersatz zu.

Die Klägerin hatte den Mercedes Vito 116 CDI im Dezember 2020 als Gebrauchtfahrzeug erworben. Das Modell ist mit dem Dieselmotor des Typs OM 651 und der Abgasnorm Euro 6 ausgestattet. Die Klägerin machte Schadenersatzansprüche geltend, weil das Fahrzeug mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet sei. Die zulässigen Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß würden zwar unter Laborbedingungen - wie sie auf dem Prüfstand herrschen - eingehalten. Die Abgasrückführung werde jedoch temperaturabhängig gesteuert (Thermofenster). Folge sei, dass unter realen Betriebsbedingungen im Straßenverkehr die Grenzwerte für den Emissionsausstoß schon bei Temperaturen unter 15 Grad nicht mehr eingehalten werden. Bei einer Durchschnittstemperatur von 10,5 Grad in Deutschland, führe dies regelmäßig zu einem erhöhten Stickoxid-Ausstoß.

Das LG Stuttgart folgte der Argumentation und sprach der Klägerin Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB zu. Das Gericht führte aus, dass ein Hersteller verpflichtet sei, die Fahrzeuge so auszurüsten, dass die gesetzlichen Grenzwerte für den Emissionsausstoß unter normalen Betriebsbedingungen und nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Diese Vorgaben habe Mercedes nicht erfüllt.

Mercedes habe lediglich ausgeführt, dass die Grenzwerte im realen Fahrbetrieb unter Bedingungen wie sie auf dem Prüfstand herrschen (u.a. Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad) eingehalten werden. Mercedes habe aber eben nicht dargelegt, dass die Emissionsgrenzwerte auch bei niedrigeren Außentemperaturen eingehalten werden, so das LG Stuttgart. Dabei wies es darauf hin, dass unter normalen Betriebsbedingungen u.a. ein Temperaturbereich von -7 bis 20 Grad gesehen wird, also insbesondere auch die in Deutschland herrschende Durchschnittstemperatur von 10,5 Grad.

Mercedes habe daher ein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters in den Verkehr gebracht. Dies sorge dafür, dass die Abgasrückführung bei niedrigeren Temperaturen gesenkt wird, was eine Erhöhung des Stickoxid-Ausstoßes zur Folge hat. Eine solche Einrichtung kann nach der Rechtsprechung des EuGH nur unter strengen Voraussetzungen zum unmittelbaren Schutz des Motors zulässig sei. Eine solche Ausnahme liege hier jedoch nicht vor, stellte das LG Stuttgart klar.

Durch die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung habe die Gefahr bestanden, dass das Fahrzeug seine Zulassung verliert. Der Klägerin sei schon mit Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden. Sie könne daher die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen, entschied das LG Stuttgart. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs kann sie die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer verlangen.

„Schon zahlreiche Gerichte haben entschieden, dass Mercedes im Abgasskandal schadenersatzpflichtig ist. Nachdem EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos in einem Verfahren zum Mercedes-Abgasskandal in seinem Schlussantrag vom 2. Juni 2022  deutlich gemacht hat, dass Autohersteller schon dann Schadenersatz leisten müssen, wenn sie nur fahrlässig gehandelt haben, dürften die Chancen auf Schadenersatz weiter gestiegen sein. Demnach muss den Autoherstellern kein Vorsatz nachgewiesen werden“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/faelle/mercedes-benz-daimler-ag

 

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