Auch wenn das Wohnmobil bereits weiterverkauft wurde, können im Abgasskandal immer noch Schadenersatzansprüche durchgesetzt werden. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts München vom 15. Dezember 2022 (Az.: 13 O 3213/21). In dem Verfahren ging es um ein Wohnmobil der Marke Knaus, das auf einem Fiat Ducato basiert. Da in dem Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei, müsse Fiat Chrysler Automobiles (FCA) Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB leisten, entschied das Gericht.
Der Kläger hatte das Wohnmobil Knaus Boxstar Lifetime 2Be 600 im März 2017 gekauft. Das Wohnmobil baut auf einem Fiat Ducato auf und ist mit einem 2,3-Liter-Motor und der Abgasnorm Euro 6b ausgestattet. 2021 verlangte der Kläger Schadenersatz, weil in dem Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Während das Verfahren noch lief, verkaufte er den Camper weiter.
Seinem Anspruch auf Schadenersatz stand der Weiterverkauf nicht im Weg. Das LG München folgte der Argumentation des Klägers, dass in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer Zeitschaltuhr zum Einsatz käme. Diese sorge dafür, dass die Abgasreinigung nach ca. 22 Minuten abgeschaltet wird. Damit sei sie gerade lange genug für den Abgastest im Prüfverfahren aktiv, so dass im Prüfmodus die Grenzwerte für den Emissionsausstoß eingehalten werden. Nach Ablauf der 22 Minuten würde die Abgasreinigung jedoch abgeschaltet und in der Folge die zulässigen Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß überschritten. Das Gericht wertete diese Funktion daher als unzulässige Abschalteinrichtung. Fiat habe diesen Vorwurf nicht widerlegt.
Der Kläger sei schon mit Abschluss des Kaufvertrags geschädigt worden. Es liege auf der Hand, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung Kenntnis gehabt hätte, so das LG München. Der Kläger hatte das Wohnmobil zum Preis von 54.500 Euro gekauft und nachträglich noch einige Extras einbauen lassen. Er müsse nun so gestellt werden, als ob er das Wohnmobil nie gekauft hätte, entschied das Gericht. Nach Abzug des Wiederverkaufspreises in Höhe von 42.500 Euro und einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer hat er noch Anspruch auf die Zahlung von rund 8.200 Euro.
Auch wenn bislang kein verpflichtender Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorliegt, hat sich die Rechtsprechung im Wohnmobil-Abgasskandal verbraucherfreundlich entwickelt. „Dabei ist nicht nur die Rückabwicklung des Kaufvertrags möglich. Es kann auch der sog. kleine Schadenersatz geltend gemacht werden. Dabei behält der Kläger das Fahrzeug, hat aber Anspruch auf Minderung des Kaufpreises. Gerade bei Wohnmobilen kann das eine interessante Option sein“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
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