Audi ist im Abgasskandal vom Landgericht Wiesbaden mit Urteil vom 10. Mai 2023 zu Schadenersatz verurteilt worden. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass im Audi A6 3.0 des Klägers eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, er dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde und somit Anspruch auf Schadenersatz habe (Az.: 3 O 332/22).
Der Kläger hatte den Audi A6 3.0 TDI im August 2016 als Gebrauchtwagen gekauft. Das Fahrzeug ist mit einem 3-Liter-Dieselmotor und der Abgasnorm Euro 6 ausgestattet. Das Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) hat für das Modell einen verpflichtenden Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems angeordnet. Der Kläger machte daher Schadenersatzansprüche geltend. Er führte aus, dass in dem Fahrzeug mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, u.a. in Form der sog. schnellen Aufheizstrategie verbaut seien.
Die Klage hatte am Landgericht Wiesbaden Erfolg. Audi habe das Fahrzeug mit mindestens einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht und den Kläger dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und müsse daher gemäß § 826 BGB Schadenersatz leisten, so das Gericht.
Durch die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung habe Audi nach Überzeugung des Gerichts in großem Umfang und mit erheblichen technischen Aufwand die Umgehung von Umweltvorschriften verschleiert und die potenziellen Käufer getäuscht. Der Gesetzesverstoß sei dabei billigend in Kauf genommen worden, so das Gericht weiter.
Das Fahrzeug sei durch die unzulässige Abschalteinrichtung mangelhaft und dem Kläger somit schon bei Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden, da der Pkw nicht seinen Erwartungen entsprach und kein gleichwertiges Äquivalent zum Kaufpreis darstellt. Es liege auf der Hand, dass der Kläger ein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung, dem der Verlust der Zulassung drohte, nicht gekauft hätte. Er könne daher die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs müsse Audi ihm den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer ersetzen, entschied das LG Wiesbaden.
Der ehemalige Audi-Chef Stadler hat inzwischen gestanden, dass er die Abgasmanipulationen als möglich erkannt und billigend in Kauf genommen habe. Obwohl er die Möglichkeit hatte, habe er nicht eingegriffen. „Das Geständnis hat zwar keine unmittelbare Auswirkungen auf Schadenersatzklagen gegen Audi. Aber spätestens jetzt kann sich Audi nicht mehr dahinter verstecken, dass im Vorstand nichts von den Abgasmanipulationen bekannt war“, sagt Rechtsanwalt Frederik M. Gisevius, BRÜLMANN Rechtsanwälte.
Nach dem verbraucherfreundlichen Urteil des EuGH vom 21. März 2023 ist es ohnehin nicht mehr nötig, den Autoherstellern Vorsatz nachzuweisen (Az.: C-100/21). Demnach reicht schon fahrlässiges Verhalten für den Anspruch auf Schadenersatz im Abgasskandal aus. Rechtsanwalt Gisevius: „Der EuGH hat damit die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erheblich vereinfacht.“
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