Im Abgasskandal fuhr BMW bislang die Strategie, dass die Diesel des bayrischen Autobauers sauber seien und es keine unzulässigen Abschalteinrichtungen gebe. Jüngste Abgasmessungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bei verschiedenen BMW-Modellen mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 sprechen jedoch eine andere Sprache. Mehr noch: Ein BMW 525d und ein BMW 318d wiesen sogar die höchsten Stickoxid-Emissionen bei Diesel-Fahrzeugen auf, die das Emissions-Kontroll-Institut (EKI) je festgestellt hat, wie die DUH am 13. Juni 2023 mitteilte.
Die DUH führte bei den getesteten BMW-Modellen Abgasmessungen im Labor und auf der Straße durch. Bei unterschiedlichen, im realen Straßenverkehr üblichen Bedingungen, stiegen die Stickoxid-Emissionen der getesteten Fahrzeuge extrem ab. Besonders bei Steigungen schnitten sie schlecht ab. Laut DUH stieß ein BMW 525d mit der Abgasnorm Euro 5 aufgrund der etwas höheren Lastanforderung durch die Steigung 5.847 Milligramm Stickoxid (NOx) pro Kilometer aus. Der Grenzwert bei der Abgasnorm Euro 5 beträgt 180 Milligramm, der somit um das 32-fache überschritten wurde. Ein BMW 318d mit der Schadstoffkasse Euro 6 stieß unter den gleichen Bedingungen 3.934 Milligramm NOx pro Kilometer aus. Der Grenzwert der Abgasnorm Euro 6 beträgt 80 mg/km und wurde gleich um das 49-fache überschritten. Nur mit einem geänderten Fahrprofil auf der Straße ließen sich die großen Unterschiede zu den gemessenen Abgaswerten im Labor nach Auffassung der DUH nicht erklären.
Die DUH stellte nicht nur hohe Abgaswerte fest. Bei einem BMW X3 entdeckte sie auch ein sog. Thermofenster bei der Abgasreinigung. Dieses sorge dafür, dass die Abgasreinigung bei Außentemperaturen unter 18 und über 40 Grad reduziert werde. Folge ist ein Anstieg der Stickoxid-Emissionen. Ist das Thermometer auf 1 Grad gefallen, stößt der BMW X3 laut Messungen der DUH 2.395 mg Stickoxid pro Kilometer aus und überschreitet damit den Grenzwert für Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 um das 13-fache. Zudem haben Parameter wie Geschwindigkeit oder Klimaanlage Einfluss auf die Abgasrückführungsrate (AGR). So werde die AGR bei eingeschalteter Klimaanlage reduziert. Bei behördlichen Abgasuntersuchungen muss die Klimaanlage ausgeschaltet sein.
Nach diesen Ergebnissen fordert die DUH das Kraftfahrt-Bundesamt zum Handeln auf. Kommt die Behörde oder auch das Verwaltungsgericht Schleswig zu der Überzeugung, dass BMW unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet hat, droht den betroffenen Fahrzeugen der Rückruf und im schlimmsten Fall die Stilllegung.
BMW steht weiter auf dem Standpunkt, keine unzulässigen Abschalteinrichtungen zu verwenden. Der EuGH hat allerdings entschieden, dass auch Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtungen sind und mit Urteil vom 21. März 2023 klargestellt, dass schon Fahrlässigkeit der Autohersteller zu Schadenersatzansprüchen der Autokäufer im Abgasskandal führt (Az. C-100/21). Der BGH hat schon angekündigt, dass er sich dieser Rechtsprechung anschließen wird.
„Für BMW wird die Luft im Abgasskandal dünner. Es dürfte schwierig werden, die Gerichte davon zu überzeugen, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verwendet wurden. Die Chancen, Schadenersatzansprüche gegen BMW durchzusetzen, sind durch die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des EuGH erheblich gestiegen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.
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