Während sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München bei der insolventen Wirecard AG auf Betrugsverdacht ausweiten, rücken Partner und Kunden von dem Dax-Konzern ab und wollen offenbar die Zusammenarbeit beenden.
Die Staatsanwaltschaft München ermittelt bei der Wirecard AG inzwischen auch wegen Betrugsverdacht, wie eine Sprecherin gegenüber dem Handelsblatt bestätigte. Im Rahmen dieser Ermittlungen kam es am 1. Juli zur zweiten Razzia innerhalb kurzer Zeit bei der Wirecard AG. Dabei wurden neben der Wirecard-Zentrale in Aschheim weitere Objekte in Deutschland und Österreich durchsucht und umfangreiche Unterlagen sichergestellt. Es geht weiter um den Verdacht der Marktmanipulation und Bilanzfälschung. Betrugsverdacht ist hinzugekommen.
Im Visier der Behörden ist weiterhin der ehemalige Vorstandschef, der derzeit gegen Kaution auf freiem Fuß ist, und ein flüchtiges ehemaliges Vorstandsmitglied, dessen Spur sich aktuell auf den Philippinen verliert. Die Ermittlungen wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft nun aber auf weitere Personen, darunter auch amtierende Vorstandsmitglieder, ausgeweitet. Dass der Aufsichtsrat der Wirecard AG den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, der vor rund zwei Wochen zurückgetreten ist, nun noch nachträglich fristlos gefeuert hat, ist nur noch eine Randnotiz.
Ermittlungen wegen des Verdachts der Marktmanipulation hatte die Staatsanwaltschaft bereits vor einigen Wochen aufgenommen. Dabei ging es um zwei Ad-hoc-Meldungen des Unternehmens vom 12. März und 22. April, nach denen sinngemäß der Sonderprüfungsbericht keinen Anlass für Korrekturen der Jahresabschlüsse und keine Anhaltspunkte für Bilanzmanipulationen liefere. Tatsächlich kritisierten die Prüfer allerdings mangelnde Kooperationsbereitschaft, Transparenz und fehlende Unterlagen zu den Geschäften mit Drittpartnern.
Wie das Handelsblatt berichtet, haben die Ermittler nun ihr Auge auf eine weitere Ad-hoc-Meldung vom 25. Mai geworfen. Darin kündigte die Wirecard AG nicht nur die erneute Verschiebung des Jahresabschusses 2019 an, sondern teilte auch mit, dass sie von einem uneingeschränkten Testat ausgehe.
Was folgte, ist bekannt: Die Wirtschaftsprüfer verweigerten das Testat, das Unternehmen räumte ein, dass 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten auf den Philippinen wahrscheinlich nie existiert haben und es wurde Insolvenzantrag gestellt. Für die Aktionäre und Anleger der Wirecard AG ein finanzielles Desaster.
Da machte es ein wenig Hoffnung, dass der vorläufige Insolvenzverwalter nun mitteilte, dass es zahlreiche Interessenten für den Kauf einzelner Unternehmensteile der Wirecard gebe. Allerdings wurde auch bekannt, dass prominente Kunden sich von Wirecard abwenden. Zudem will die japanische Softbank, die im vergangenen Jahr über eine Wandelanleihe über 900 Millionen Euro bei Wirecard eingestiegen war, die Partnerschaft offenbar wieder beenden. „Das macht es nicht einfacher, einzelne Unternehmensteile zu attraktiven Preisen zu verkaufen und die Insolvenzmasse dadurch zu erhöhen“, sagt Rechtsanwalt Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Sollte das Insolvenzverfahren regulär eröffnet werden, sollten Anleger und Aktionäre ihre Forderungen zur Insolvenztabelle dennoch anmelden. Die Insolvenzquote wird allerdings kaum ausreichen, um die Forderungen der Gläubiger zu erfüllen. Rechtsanwalt Seifert: „Um nicht auf dem finanziellen Schaden sitzenzubleiben, können auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.“ Ansprüche können sich sowohl gegen Vorstände und Aufsichtsräte der Wirecard AG richten als auch gegen die Wirtschaftsprüfer, die jahrelang ihr Testat erteilt haben, obwohl es offensichtlich Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen gab.
BRÜLLMANN Rechtsanwälte bietet Wirecard-Anlegern eine kostenlose Erstberatung an.
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