Die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof zum Widerruf von Darlehen zeigt Wirkung. Das Landgericht Aachen entschied nun mit Urteil vom 23. Dezember 2021, dass der Widerruf eines Autokredits bei der Commerz Finanz GmbH (inzwischen BNP Paribas) wirksam erfolgt ist (Az.: 1 O 175/21).
Der EuGH hatte die Rechte der Kreditnehmer beim Widerruf von Verbraucherdarlehen, zu denen auch Autokredite zählen, mit Urteil vom 9. September 2021 erheblich gestärkt und deutlich gemacht, dass die Pflichtangaben der Banken, u.a. zum Verzugszins oder zur Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung, oft unzureichend sind (Az.: C-33/20, C-155/20, C-187/20). Folge ist, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt wurde und der Widerruf auch noch Jahre nach Vertragsschluss möglich ist. „An der Entscheidung des EuGH hat sich nun das Landgericht Aachen orientiert“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Verbraucher bei der Commerz Finanz GmbH 2017 einen Darlehensvertrag über 50.900 Euro geschlossen. Mit dem Darlehen, das direkt vom Händler vermittelt wurde, sollte der Kauf eines Wohnmobils des Typs Chausson Welcome 620 zum Teil finanziert werden. Anfang 2020 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehens und führte aus, dass der Widerruf immer noch möglich gewesen sei, da die Widerrufsfrist aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung und unzureichender Pflichtangaben nicht in Lauf gesetzt worden sei.
Als Rechtsnachfolgerin der Commerz Finanz wies die BNP Paribas den Widerruf zurück, das LG Aachen folgte jedoch dem Kläger. Der Darlehensvertrag habe nicht alle erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthalten. Daher habe die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, erklärte das Gericht.
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH reichten die Angaben zum Verzugszins nicht aus. Der EuGH hatte entschieden, dass der Verzugszinssatz mit einem konkreten Prozentsatz angegeben und der Mechanismus zur Anpassung dieses Zinssatzes konkret beschrieben sein muss. Die Bank hat hier nur angegeben, dass der Verzugszinssatz für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz liegt. Das sei nicht ausreichend, stellte das LG Aachen klar. Es werde weder der konkrete Prozentsatz noch der Mechanismus zur Anpassung des Zinssatzes angegeben. Der Widerruf sei daher wirksam erfolgt.
Bei Krediten zur Autofinanzierung liegt zwischen dem Darlehensvertrag und dem Kaufvertrag häufig ein sog. verbundenes Geschäft vor. Das hat zur Folge, dass durch einen erfolgreichen Widerruf beide Verträge rückabgewickelt werden. Der Verbraucher gibt das Fahrzeug dann an die Bank und erhält im Gegenzug seine geleisteten Raten inklusive einer möglichen Anzahlung zurück. Für die Nutzung des Fahrzeugs kann die Bank eine Entschädigung verlangen. Diesen Anspruch auf Wertersatz sah das LG Aachen in dem vorliegenden Fall allerdings nicht, da es dafür an dem erforderlichen Hinweis auf die Wertersatzpflicht in der Widerrufsinformation und sonstigen Vertragsunterlagen fehle.
„Der Widerruf eines Autokredits ist häufig deutlich lukrativer als der Weiterverkauf des Fahrzeugs und gerade in Zeiten von Abgasskandal und Fahrverboten eine interessante Option. Fehler in den Kreditverträgen, die den Widerruf ermöglichen, sind zahlreichen Banken unterlaufen“, so Rechtsanwalt Gisevius.
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