Systemkritik tut not: Kann es sein, dass das Finanzamt 2 x mal kassiert?. Es bekommt seinen Gewinnanteil (wir nennen es Steuern); aber beim Teilen kann ich meine Verluste nicht geltend machen – mein Verlust der Verluste! Dr. Sebastian Korts, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels & Gesellschaftsrecht, Steuerstrafverteidiger, Master of Business Administration, Master of International Taxation, mag es nicht akzeptieren, dass das Finanzamt auf beiden Seiten die Hände aufhält und kritisiert fehlende Möglichkeiten der Verlustabschreibung im deutschen Steuerrecht.
Dr. Korts: "Wir streiten gerne mit dem Finanzamt. Der Steuerstreit macht insbesondere dann Spaß, wenn grundsätzliche Überlegungen zu Anrechenbarkeit einer Ausgabe zur Debatte stehen. Die Finanzverwaltung beruft sich zur Negierung der Abzugsfähigkeit einer Ausgabe auf gesetzliche Regelungen, oder, wenn das nicht hilft, auf BMF – Schreiben; zur Not wird der Einwand der Missbräuchlichkeit der Nutzung der gesetzlichen Regelungen aufgerufen. Ist dieser Streit beendet und die Abzugsfähigkeit der Ausgabe bejaht, so wird diese Abzugsfähigkeit gelegentlich wieder in Frage gestellt, weil es sich ja um (angesammelte) Verluste handelt. Diese ursprünglich akzeptierten Verluste sollen dann doch nicht mehr geltend gemacht werden dürfen."
Gefährlich wird es, wenn die Steuerverwaltung in einem Sachverhalt nicht nur die falsche steuerrechtliche Verhaltensweise sieht, sondern auch die strafrechtlich zu beurteilende Verhaltensweise erkennen will. Dann steht die Auseinandersetzung sowohl steuerrechtlich vor den Finanzgerichten als auch vor dem regulären Gericht an.
Die Grundüberlegung - Leistungsfähigkeit
Steuerrecht ist eigentlich eine sehr einfache Angelegenheit. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein Fundamentalprinzip der Besteuerung und als solches Ausfluss des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Grundgesetz im Steuerrecht. Jeder soll nach Maßgabe seiner individuellen ökonomischen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung staatlicher Leistungen beitragen. Dem Leistungsfähigkeitsprinzip folgend richtet sich die Höhe der Steuer nach der Frage, wie viel der einzelne Steuerpflichtige in der Lage ist, zur Staatsfinanzierung beizutragen. Unterschieden wird dabei zwischen horizontaler und vertikaler Steuergerechtigkeit. Daher wird ein progressiver Steuertarif angewandt, der eben besagt, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich gezahlt werden muss und bei höhere Leistungsfähigkeit eben mehr. Die dogmatische Begründung des Progressionstarifes dem Grund nach und in der Abstufung ist dogmatisch nicht unumstritten, soll aber hier nicht hinterfragt werden.
Hier soll auch nicht hinterfragt werden, ob nur das Einkommen als Anknüpfungspunkt der Besteuerung richtig ist, denn im Wesentlichen baut das deutsche Steuerrecht darauf auf. Dass mit der Umsatzsteuer (auch Versicherungsteuer und vieler kommunaler Abgaben) ein Element des Konsum, also der Ausgaben, besteuert wird, soll hier auch nicht als Störfaktor hinterfragt werden. (Es wird eben das Rein und das Raus von Geld besteuert und das Halten von Geld auch!)
Soweit also Einigkeit herrscht, dass das Einkommen die Grundlage sein soll, bleibt weiterhin die Frage offen, wie sich das Einkommen definieren soll. Für natürliche Personen wird in der Regel zwischen dem objektiven Nettoprinzip und dem subjektiven Nettoprinzip unterschieden. Das objektive Nettoprinzip verlangt, dass nur das Erwerbseinkommen, also die Erwerbseinnahmen gekürzt um die Erwerbsausgaben, besteuert wird; es liegt also eine Gewinnbesteuerung statt Einnahmenbesteuerung vor. Das subjektive Nettoprinzip verlangt darüber hinaus die Abzugsfähigkeit privater Ausgaben, die für die Lebensführung unentbehrlich sind. Worte wie Grundfreibetrag, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen bestimmen diese Diskussion. - Die Frage der Besteuerung der eigenen Alterssicherung ist bei der Phase der Ansparung in der Diskussion, ebenso ob die Auszahlung der Alterssicherung richtig versteuert wird. Es wird als ungerecht empfunden, dass Berufe mit einer sehr langen Ausbildungsdauer und sodann einem hohen Einkommen durch die jährliche Besteuerung betrachtet auf die ganze Lebenszeit höher besteuert werden, als die konstante Auszahlung der gleichen Summe über den gesamten Lebenszeitraum verteilt.
Diese gesamten Diskussionen sollen hier einfach ausgeblendet bleiben. Hier geht es einfach nur um die Frage, wie sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Anknüpfungspunkt der Steuern in der tatsächlichen Praxis bezogen auf das Jahr als Anknüpfungszeitraum beurteilt darstellt.
Die richtige steuerliche Beurteilung von Einnahmen aus Kapitalvermögen, das dürfte gezeigt sein, ist komplex und streitanfällig. Selbst gesetzliche Regelungen werden von der Rechtsprechung kassiert. Für viele Sachverhalte ist es daher selbstverständlich, dass nicht die Meinung der Finanzverwaltung, die in einem ersten Steuerbescheid zum Ausdruck kommt, unbeanstandet hingenommen werden muss. Eine steuerliche Überprüfung ist oft lohnenswert. Unbedingt zu streiten ist in den Sachverhalten, in denen die Finanzverwaltung den Vorwurf der Steuerhinterziehung auspackt, um ihre Meinung zur richtigen Besteuerung mit Nachdruck zu vertreten. Angesichts der hohen Differenzierung sowohl der Gesetze wie auch der hinzutreten BMF-Schreiben vertreten wir die Auffassung, dass der Nachweis einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung in dem Bereich der Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit die notwendigen Bescheinigungen und Unterlagen vorgelegt werden, gar nicht möglich ist. Eine mögliche Fehlvorstellung eines Steuerpflichtigen über die Möglichkeit, mit einer bestimmten Verhaltensweise Verluste zu produzieren, damit diese den Gewinnen gegenübergestellt werden können, ist keine Tatsache, die bei der Abgabe der Steuererklärung der Finanzverwaltung mitgeteilt werden muss, es gibt keine Verpflichtung, Motivationen oder Vorstellungen bei der Abgabe der Steuererklärung mitzuteilen.
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