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BAG 2 AZR 483/21 - Frist muss bei außerordentlicher Kündigung gewahrt werden

16. November 2022 | Job & Business
Eine außerordentliche Kündigung kann der Arbeitgeber nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen aussprechen, nachdem ihm das Vorliegen der Kündigungsgründe bekannt geworden ist. Die Frist wird erst dann in Lauf gesetzt, wenn die Person in dem Unternehmen, die zur Kündigung berechtigt ist, Kenntnis von allen kündigungsrelevanten Umständen erhalten hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil
Marcel Seifert
Marcel Seifert

Rechtsanwalt Marcel Seifert studierte nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann an der Universität Tübingen...

Eine außerordentliche Kündigung kann der Arbeitgeber nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen aussprechen, nachdem ihm das Vorliegen der Kündigungsgründe bekannt geworden ist. Die Frist wird erst dann in Lauf gesetzt, wenn die Person in dem Unternehmen, die zur Kündigung berechtigt ist, Kenntnis von allen kündigungsrelevanten Umständen erhalten hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 5. Mai 2022 entschieden (Az. 2 AZR 483/21). Das gilt jedoch nicht, wenn diese Kenntnis durch den Arbeitgeber gezielt vereitelt wurde.

Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, kann es notwendig sein, erst umfangreichere Untersuchungen zu dem Vorfall anzustellen. Diese können längere Zeit in Anspruch nehmen. „Die Kündigungsfrist beginnt nach der Rechtsprechung erst dann, wenn der kündigungsberechtigten Person in dem Betrieb, z.B. dem Geschäftsführer, die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen“, erklärt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte ein Vertriebsleiter gegen die Compliance-Vorschriften des Unternehmens verstoßen. Die Firmenleitung sprach nicht sofort die Kündigung aus, nachdem der Vorfall bekannt war, sondern gründete ein Compliance-Team und leitete umfangreiche Untersuchungen ein. Die Untersuchungen dauerten und nach ca. 11 Monaten erhielt die Geschäftsführung einen vorläufigen Bericht. Zehn Tage nach Übergabe des Berichts kündigte der Geschäftsführer dem Vertriebsleiter außerordentlich.

Der Vertriebsleiter erhob Kündigungsschutzklage und hatte damit in den ersten Instanzen am Arbeitsgericht Ulm und Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Erfolg. Das BAG kippte das Urteil jedoch und entschied, dass die außerordentliche Kündigung fristgerecht erfolgt sei.

Die zweiwöchige Kündigungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB habe erst mit der Vorlage des Untersuchungsberichts an den Geschäftsführer begonnen, so das BAG. Erst durch diesen Bericht sei die Bewertung der Pflichtverletzung und aller Umstände, die für oder gegen eine Kündigung sprechen, möglich gewesen. Eine vorherige Kenntnis sei auch nicht gezielt behindert worden. Gerade die Einrichtung eines Compliance-Teams und die Unterbrechung der Untersuchung, um einen vorläufigen Bericht für die Geschäftsführung zu erstellen, spreche dagegen, so die Richter in Erfurt.

„Die Kündigungsfrist beginnt, sobald der Geschäftsführung alle notwendigen Informationen vorliegen. Werden die Untersuchungen anschließend noch weitergeführt, um beispielsweise präventive Maßnahmen installieren zu können, zögert dies den Beginn der Kündigungsfrist nicht mehr hinaus“, so Rechtsanwalt Seifert. Arbeitgeber sind daher gut beraten, sich rechtzeitig einen Zwischenbericht vorlegen zu lassen. Für Arbeitnehmer kann auf der anderen Seite die Überschreitung der Kündigungsfrist ein Ansatzpunkt sein, sich gegen die Kündigung zu wehren.

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