Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Handel und Gewerbe sind insbesondere in Lockdown-Zeiten erheblich. Ladengeschäfte, die auf Laufkundschaft angewiesen sind oder Dienstleister wie z.B. Friseure, erleiden in Lockdownzeiten 100 %ige Einnahmeausfälle. Der Bundesgerichtshof macht nun Gewerbetreibenden Hoffnung, die sich durch Kürzungen der Ladenmieten etwas Entlastung verschaffen wollen. Der BGH hat zum Aktenzeichen XII ZR 8/21 entschieden, dass Gewerbetreibende Gewerbemieten kürzen können, wenn es durch behördlich angeordnete Lockdowns zu finanziell prekären Geschäftsschließungen kommt.
Rechtsanwalt Marcel Seifert, Partner bei www.bruellmann.de und Herausgeber von www.corona-rechtlich.de: „Hohe Mieten gerade in den Stadt-Zentren führen bei Einnahmeausfällen sehr schnell zu kritischen Situation. Mietminderungen könnten da helfen!“
Die Geschichte: Der Discounter KiK hatte in Chemnitz die Miete eines Ladenlokals einseitig um 50 % gemindert. Die betroffene Wohnungsbaugesellschaft hatte geklagt und in erster Instanz Recht bekommen. Das OLG Dresden hatte die Vorinstanz aufgehoben, gegen die Entscheidung hatte der Vermieter Revision in Karlsruhe eingelegt. Der BGH blieb am 12. Januar 2022 salomonisch: Zum einen wurde bestätigt, dass Mieten gemindert werden können – andererseits dürfe das nicht pauschal geschehen. Die Minderung müsse den Umständen angepasst sein.
Während es für das Personal-Problem mit Kurzarbeitergeld Möglichkeiten des Ausgleichs gibt, waren Mieter gegenüber dem Vermieter ihres Ladenlokals bislang mehr oder weniger “ausgeliefert” und auf dessen Verständnis angewiesen, wenn die Miete wegen des Lockdowns nicht pünktlich gezahlt wird. Vermieter argumentieren dabei oft, dass sie ja auch von irgendwas leben müssten. Seifert: „Mietminderungen könnten sich jetzt als probates Mittel dar!“
Zum Aktenzeichen XII ZR 8/21 wurde in Karlsruhe ein wegweisendes Urteil gesprochen, das die Verantwortung für die finanziellen Folgen der Coronakrise nun doch auf ein paar mehr Schultern verteilt. Die Richter entschieden, das “keine Seite” eine Verantwortung für die Krise trage, sich Vermieter daher auch nicht einseitig heraushalten könnten. Allerdings: die Kürzung um die Hälfte sei nicht pauschal zulässig. Wie hoch der Beitrag der Vermieter – nicht nur in Chemnitz – sein darf, muss nun das Oberlandesgericht Dresden in der Fortsetzung des nun wieder aufzunehmenden Verfahrens entscheiden. Das OLG Urteil, nachdem KiK die Miete hälftig hätte kürzen dürfen, wurde aufgehoben. Den Dresdner Richtern wurde empfohlen, den Sachverhalt unter Berücksichtigung aller Umstände neu zu bewerten. In Folge dürfte eine Kürzung dann zwar zulässig sein, nicht aber pauschal um die Hälfte.
Die behördlich angeordnete Schließung ist für die BGH-Richter kein Mangel im Sinne des § 536 BGB. Grund für die Zulässigkeit der Mietminderung ist vielmehr der Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Vermieter darf davon ausgehen, dass sich die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen des Vertrages nicht verändern und damit die vereinbarte Geschäftsgrundlage gewahrt bleibt
Durch den Lockdown ist diese Geschäftsgrundlage entzogen worden.
Rechtsanwalt Marcel Seifert steht Gewerbetreibenden zu allen Lockdownfolgen als juristischer Ansprechpartner zur Verfügung. Gerne prüfen wir, ob die in Ihrem besonderen Fall eine Mietminderung möglich ist und wie hoch sie sein könnte.