Ein Aufhebungsvertrag kann eine sinnvolle Alternative zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein. Der Arbeitgeber profitiert, da er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht begründen und auch keine Kündigungsfristen beachten muss. Da auch die Zustimmung des Arbeitnehmers für die Aufhebung nötig ist, kann dieser seine Verhandlungsposition nutzen und z.B. die Zahlung einer Abfindung verlangen.
Dabei gilt beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags das Gebot des fairen Verhandelns gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift besagt, dass die Vertragspartner Rücksicht auf die Interessen, Rechte und Rechtsgüter des anderen nehmen müssen. Ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns liegt vor, wenn eine Situation herbeigeführt oder ausgenutzt wird, die zu einer unfairen Behandlung eines Vertragspartners führt, dieser unter Druck gesetzt wird und deshalb den Aufhebungsvertrag unterschreibt. „Die freie Entscheidung der Vertragspartner soll durch das Gebot des fairen Verhandelns geschützt werden. Bei einem Verstoß kann der Aufhebungsvertrag unwirksam sein. Folge ist, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet wurde“, sagt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.
Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Februar 2022 zeigt (Az.: 6 AZR 333/21). In dem zu Grunde liegenden Fall hatten sich der Arbeitgeber und eine Angestellte auf einen Aufhebungsvertrag geeinigt. Der Arbeitnehmerin wurde vorgeworfen, eigenmächtig Einkaufspreise in der EDV geändert zu haben, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzutäuschen. Der Geschäftsführer zitierte sie daher ohne Angabe von Gründen in sein Büro und legte ihr im Beisein eines Rechtsanwalts den Aufhebungsvertrag vor. Nach einer ca. zehnminütigen Pause, in der alle drei Anwesenden schwiegen, unterzeichnete die Angestellte schließlich den Aufhebungsvertrag.
Eine Woche später erklärte sie jedoch die Anfechtung des Aufhebungsvertrags. Ihr sei mit einer außerordentlichen Kündigung sowie einer Strafanzeige gedroht worden, wenn sie dem Aufhebungsvertrag nicht zustimmt. Nur aufgrund dieser Drohung habe sie unterschrieben. Ihre Bitte nach einer längeren Bedenkzeit, um Rechtsrat einzuholen, sei abgelehnt worden. Damit habe der Arbeitgeber gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen, so die Arbeitnehmerin.
Ihre Klage hatte keinen Erfolg. Wie schon das Landesarbeitsgericht wies auch das Bundesarbeitsgericht die Klage ab. Es fehle an einer widerrechtlichen Drohung, so das BAG. Denn ein Arbeitgeber dürfe in einem Fall wie diesen die außerordentliche Kündigung und auch eine Strafanzeige in Erwägung ziehen. Er liege dadurch kein unfaires Verhandeln vor. Die Angestellte sei auch nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit verletzt worden, führte das Gericht aus. Der Umstand, dass ein Arbeitgeber sein Angebot für einen Aufhebungsvertrag von einer sofortigen Annahme geltend macht, stelle noch keine Pflichtverletzung dar. Der Aufhebungsvertrag sei wirksam, so das BAG.
„Es gilt immer im Einzelfall zu prüfen, ob ein Aufhebungsvertrag gegen das Gebot des fairen Verhandelns zu Stande gekommen ist. Maßgeblich ist dabei auch die Schwere des Vorwurfs“, so Rechtsanwalt Seifert. Sofern es möglich ist, sollte rechtlicher Rat eingeholt werden, bevor ein Aufhebungsvertrag unterschrieben wird.
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